Frauen spielten bereits im Nationalsozialismus eine große Rolle und waren aktiv an der Durchsetzung der faschistischen Agenda beteiligt. Auch im Rechtsextremismus der Bundesrepublik spielen Frauen seit jeher eine wichtige Rolle und nehmen zentrale Positionen ein. Ursula Haverbeck wurde beispielsweise zum Gesicht und zur prägenden Figur der deutschen Holocaust-Leugner-Szene. Trotzdem assoziieren viele Menschen den Begriff Rechtsextremismus vor allem mit Männern. Dabei ist diese Fokussierung ein Trugschluss, rechtsextreme Gruppierungen versuchen alle Bevölkerungsgruppen anzusprechen und passen ihre Geschlechterbilder an aktuelle Debatten an.
Wandel der Rollenbilder
Lange Zeit bauten rechtsextreme Gruppierungen zur Ansprache von Frauen auf das Bild der umsorgenden Mutter. Sie knüpften damit an vorherrschende konservative Rollenbilder in der Gesellschaft an. Frauen gehörten demnach nicht in den Beruf, sondern wurden als Herrscherin über den heimischen Bereich stilisiert. Rechtsextreme verknüpften diese Rollenaufteilung mit biologistischen Erklärungsmustern und scheinbar natürlichen Traditionen. Dieser vermeintlich passiven Rollenbeschreibung zum Trotz, wirkten Frauen an wichtigen Schaltstellen rechtsextremer Gruppierungen mit. Sie wurden gezielt zur Rekrutierung junger Mitglieder und zur ideologischen Festigung von Neu-Einsteigern in die Szene eingesetzt.
Inzwischen haben Rechtsextreme ihre Propaganda an zeitgemäße Rollenbilder angepasst. In der Identitären Bewegung oder dem Pegida-Spektrum inszenieren sich Frauen als kämpferische Avantgarde des Rechtsextremismus. Propagiert wird das Bild selbstbewusster Frauen, die ihre Positionen offensiv nach außen vertreten.
Insbesondere bei der Identitären Bewegung wird das veränderte Rollenbild auch visuell umgesetzt. Die bekannten Protagonistinnen präsentieren sich in den Sozialen Netzwerken in knapper oder besonders sportiver Kleidung und unterstreichen so die Propaganda von der selbstbewussten Frau im Rechtsextremismus. Bei Demonstrationen laufen sie in der „gecasteten“ ersten Reihe.
Mehr Schein als Sein: Frauen müssen dem männlichen Blick und Ansinnen genügen
Dennoch wird gerade bei der Identitären Bewegung deutlich, wie rückwärtsgewandt die ideologischen Konzepte der Rechtsextremen nach wie vor sind. Die bekannten Protagonistinnen der Identitären Bewegung sind nach bestimmten Gesichtspunkten ausgewählt. Sie entsprechen männlichen Schönheitsidealen und ihr Kleidungsstil ist tatsächlich nicht Ausdruck von Selbstbestimmung sondern darauf angelegt, eine männliche Zielgruppe anzusprechen. Jede emanzipatorische ideologische Absicht wird von der Identitären Bewegung bekämpft und abgelehnt. Propagandakanäle wie das Angebot „Radikal Feminin“ spielen zwar in der Bildsprache mit Rebellion und Unangepasstheit, beworben wird jedoch eine klar anti-feministische Agenda. Der jungen Zielgruppe wird eingeredet, dass es erstrebenswert sei, als junge Frau männlichen Vorstellungen zu genügen. Auch Vorkämpferinnen aus dem Pegida-Spektrum wirken in gleicher Weise. Sie verunglimpfen Feministinnen und bestätigen das Rollenverständnis vom starken Mann als Beschützer der schwachen Frau.
Frauen wirken dabei auch an der Verbreitung rassistischen Gedankenguts mit. In Redebeiträgen auf Demonstrationen zeichnen sie das Bild vom sexuell übergriffigen Fremden und von angeblich verweichlichten einheimischen Männern. Bei anderen Frauen schüren sie so Ängste vor Zuwanderung. Bei männlichen Rechtsextremen wirken sie an der Radikalisierung mit, da sie aus einer vorgespielten Opfer-Perspektive heraus, Taten anstelle von Worten einfordern.
Zunehmend im Blick: Homosexuelle
Insbesondere rechtspopulistische und Neu-Rechte Kreise binden zunehmend auch Homosexuelle in ihre Außendarstellung ein. Eigentlich lehnen Rechtsextreme Homosexuelle ab und stehen ihnen feindlich gegenüber. Im rechtspopulistischen Milieu werden bekennend homosexuelle Mitglieder dagegen häufig außenwirksam präsentiert. Einerseits sollen sie Ausweis für die eigene Toleranz und Vielfältigkeit sein. Andererseits erfüllen sie eine Kronzeugen-Funktion, indem sie häufig gängige Stereotype über Homosexuelle bestätigen, beispielsweise von einer mächtigen „Homo-Lobby“ schwadronieren oder behaupten, dass „Homosexuellen-Propaganda“ Menschen „schwul“ mache.
verfasst von Fabian Jellonnek und Pit Reinesch 2017
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