Diese Rubrik nähert sich dem Phänomen Rassismus, wie es sich aktuell in der Bundesrepublik Deutschland zeigt.
Der Begriff "Rassismus" wird in der Bundesrepublik Deutschland immer noch relativ selten benutzt. Häufiger hingegen hören und lesen wir von "Ausländerfeindlichkeit" oder "Fremdenfeindlichkeit". Auch die Ermordung von Migranten und Anschläge auf Unterkünfte von Asylbewerberinnen und -bewerbern sowie auf Wohnhäuser von Migrantinnen und Migranten, die vor allem Anfang der 1990er Jahre Schlagzeilen machten, wurden in der öffentlichen Debatte als ausländer- oder fremdenfeindliche Übergriffe und Anschläge bezeichnet.
Die Abwehr des Rassismusbegriffs ist, so u. a. der Rassismusforscher Robert Miles (1998), auf die semantische Nähe zur Rassenideologie des Nationalsozialismus zurückzuführen, von der sich die bundesdeutsche Gesellschaft (Bürgerinnen und Bürger, Medien, Politik ...) mehrheitlich distanziert und deren ideologische "Spätfolgen" geleugnet und zurückgewiesen werden: Eine Rassenideologie gebe es in der Bundesrepublik nicht, der Nationalsozialismus habe mit dem demokratisch verfassten und legitimierten Deutschland nichts gemein.
Dennoch wird nicht geleugnet, dass es diskriminierende Äußerungen und Handlungen gibt, die vor allem Flüchtlinge und Asylsuchende treffen, die offensichtlich "fremd" aussehen und dementsprechend als "Ausländer" oder "Fremde" tituliert werden. Der Hass gegen diese Menschen wird als Ausländer- oder Fremdenfeindlichkeit bezeichnet. Dabei wird übersehen, dass nicht alle Betroffenen Ausländerinnen und Ausländer oder Fremde sind: Weiße Amerikanerinnen sind in Deutschland nicht von "Ausländerfeindlichkeit" betroffen, während Schwarze Deutsche keine Ausländer sind, sehr wohl aber von rassistisch motivierter Gewalt betroffen sein können.
Auch der Begriff "Fremdenfeindlichkeit" ist problematisch, weil er den potenziellen Opfern Fremdheit unterstellt, auf die die Mehrheitsangehörigen, die Nicht-Fremden, mit einer vermeintlich natürlichen Feindlichkeit reagieren, die anthropologisiert und damit implizit legitimiert wird. Sie gilt somit als "inhuman, aber als menschlich verständlich". (Kampmann 1995, 261, Fußnote 2)
Der Erziehungswissenschaftler Albert Scherr (2003) weist darauf hin, dass in Bezug auf die Ausländerpolitik der Bundesrepublik von einer "ausländerfeindlichen" Politik gesprochen werden müsse, weil sich die gesetzlich-administrativen Maßnahmen tatsächlich gegen Ausländerinnen und Ausländer (z. B. Asylsuchende) richteten.
Ein weiterer Begriff, der in der Auseinandersetzung mit rassistisch motivierter Gewalt zu Beginn der 1990er Jahre und in den Jahren 2001 und 2002 häufig verwendet wurde, war der des Rechtsextremismus, der insofern von Interesse war und immer noch ist, als damit die Verantwortlichen für die Übergriffe benannt waren: Menschen, vor allem junge Männer, aus der rechtsextremen Szene. Diese Begrifflichkeit wird sowohl in der Politik als auch in den Medien und der breiten Öffentlichkeit verwendet, aber sie ist insofern problematisch, als sie vom Rassismus als Phänomen der gesellschaftlichen Mitte ablenkt. Zur Begründung der exzessiven Gewalt rechtsextremer junger Männer wurde in den 1990er Jahren vor allem die Individualisierungsthese, wie sie der Erziehungswissenschaftler Wilhelm Heitmeyer in Bezug auf rechtsextreme und gewaltbereite Jugendliche interpretiert, populär.
Mittlerweile wird diese Position jedoch von Politikwissenschaftlern wie Armin Pfahl-Traughber (2004) oder Christoph Butterwegge (2002) kritisiert, weil sie vor allem arbeitslose junge Männer aus dem Osten ins Visier nehme und zahlreiche Studien belegten, dass nicht (nur) arbeitslose Jugendliche anfällig sind für rassistisch motivierte Gewalt.
Eine Studie des Kölner Kriminologen Frank Neubacher, die sich auf die Auswertung einschlägiger Urteile bezog und Daten aus den Jahren 1990 bis 1994 untersuchte, stellt einen besonders hohen Anteil von Taten in den östlichen Bundesländern fest, die fast ausschließlich von Männern begangen worden waren. Der Politologe Pfahl-Traughber verweist auf
Unabhängig von seriösen Untersuchungen bezüglich rassistischer und/oder rechtsextremer Täterinnen und Täter zeigen die Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen im August 1992, dass zumindest der Rassismus in der Bundesrepublik kein Phänomen von desintegrierten, arbeitslosen jungen Männern ist. Die Brandsätze wurden zwar überwiegend von jungen Männern gegen die Unterkünfte der Asylbewerberinnen und -bewerber geworfen, aber die Bilder aus Rostock waren nicht nur deswegen so beklemmend, weil einzelne Täter Asylbewerberinnen und -bewerber brutal attackierten, sondern auch, weil eine größere Menge schaulustiger Menschen "aus der Mitte der Gesellschaft" den Täterinnen und Tätern Beifall zollten.
Seit einigen Jahren wird nun trotz aller Abwehr immer häufiger der Begriff "Rassismus" benutzt. Nicht nur Theoretikerinnen und Praktiker der rassismuskritischen Arbeit verwendet diesen Begriff, vor allem die Förderung antirassistischer und interkultureller Pädagogik durch die Europäische Union bewirkt diese Vereinheitlichung im Sprachgebrauch über die Grenzen hinweg, denn Richtlinien und Anträge sprechen durchweg von "Rassismus". Somit gleicht sich der Diskurs in der Bundesrepublik Deutschland sprachlich dem der Nachbarn Großbritannien und Frankreich an. Es ist zu hoffen, dass sich neben einer entsprechenden Theoriebildung auch die gesellschaftliche Wahrnehmung der Realität an bundesdeutschen Schulen und Stammtischen, in Amtsstuben, Parlamenten, in den Medien, auf der Straße ... annähert.
Wenn der Begriff "Rassismus" bevorzugt wird, heißt das nicht, dass es "Rassen" gibt. Es gibt zwar physiognomische Differenzen zwischen Menschen (Körperbau, Haut- und Haarfarbe ...), aber die Genetik hat mittlerweile erforscht, dass es in einer genetisch gleich definierten Gruppe genauso große Unterschiede zwischen den Individuen geben kann wie zwischen den Individuen von genetisch als verschieden definierten Gruppen.
Das Wissen um die Nicht-Existenz verschiedener menschlicher Rassen setzt sich zwar in wissenschaftlichen Zirkeln und aufgeklärten Bevölkerungsgruppen immer mehr durch, aber im Alltagsbewusstsein der Menschen ist die biologistische Denkweise, die physiognomische Differenzen immer noch mit herabwürdigenden und diskriminierenden Zuschreibungen belegt, nach wie vor weit verbreitet, wie beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland lebende Schwarze Menschen täglich neu erfahren.
Rassismus zeigt sich in sehr verschiedenen Spielarten. Aus den Medien und den gesellschaftlichen Diskursen der vergangenen 20 Jahre sind folgende Erscheinungsformen gut bekannt:
Die Liste könnte noch weitergeführt werde. Wichtig ist der Hinweis, dass
Aus dem bislang Gesagten lässt sich eine Definition des aktuellen, in der Bundesrepublik Deutschland virulenten Rassismus ableiten:
Erläuterung
Zur Konstruktion von Differenzen somatischer und/oder kultureller Art sowie zur Dichotomisierung der Gesellschaft ist unter der Rubrik Geschichte bereits näher eingegangen worden. Auch die Relevanz des Machtfaktors liegt auf der Hand, denn wer keinen Zugang zu den Medien hat, nicht über Polizeikräfte oder andere Repressionsorgane verfügt und kein Geld besitzt, wird kaum die Möglichkeit haben, individuelle Vorurteile gegenüber Anderen durch Unterdrückungs- und Ausgrenzungspraxen zum Ausdruck zu bringen.
Dass aber Rassismus nur in einem gesellschaftlichen Kontext und nicht als isolierte Handlung einzelner, moralisch "schlechter" Menschen zu interpretieren ist, muss angesichts der medial verbreiteten Rede vom Einzeltäter erläutert werden:
Dieses Zitat verweist auf die Bedeutung des rassistisch aufgeladenen gesellschaftlichen Diskurses, der Übergriffe und Anschläge begleitet. Rassistisch denkende Menschen sehen sich durch Stammtischparolen, Mediendiskurse, Debatten im Parlament (zur Asylgesetzgebung etc.) in ihrem rassistischen Handeln legitimiert.
Der gesellschaftliche Diskurs, die Dichotomisierung der Gesellschaft, die konstruierten Bewertungen und Abwertungen begründen rassistische Vorurteile des Individuums. "Fremdheit", "Andersartigkeit" werden nicht per se vom Menschen als negativ, gar bedrohlich wahrgenommen. Fremdheit und Gewalt stellen keine anthropologischen Phänomene dar, sondern bedürfen der gesellschaftlichen Konstruktion von Differenzen, der negativen Bewertung der bestehenden oder konstruierten Unterschiede und der Erzeugung eines vermeintlichen Bedrohungspotenzials. Erst diese Versatzstücke rassistischer Ideologie führen zu den menschenverachtenden und gewalttätigen Handlungen des Individuums.
Dementsprechend kann das gesellschaftliche Klima, ein rassistisch aufgeladener gesellschaftlicher Diskurs über Migration, aufmunternd auf potenzielle rassistisch agierende Täterinnen und Täter wirken. Auf diesem Hintergrund wurde beispielsweise der Brandanschlag auf das Wohnhaus der Familie Genç im Mai 1993 in Solingen, bei dem fünf Frauen ums Leben kamen, als Konsequenz der Medienberichterstattung über das angeblich "volle Boot" und vor allem als Reaktion auf die Diskussion um die Verschärfung der Asylgesetzgebung interpretiert.
Die Beispiele Rostock-Lichtenhagen und Solingen verdeutlichen besonders drastisch, dass sich Rassismus in einer Atmosphäre der gesellschaftlichen Akzeptanz oder gar Zustimmung flächenbrandmäßig ausbreiten kann. Es ist ja gerade das Gefühl der Sicherheit, das Bewusstsein, dass sie nicht auf Widerstand stoßen werden, das es Rassistinnen und Rassisten so leicht macht, Zonen der Angst (Bushaltstellen, Jugendzentren, U-Bahnen ...) zu besetzen und Migrantinnen, Migranten, Schwarze Deutsche und alle, die sie als "anders" definieren, zu belästigen, zu drangsalieren, zu ermorden. Eine gesellschaftliche Atmosphäre, die rassistische Reden und Handlungen glaubhaft verurteilt, würde wohl manchen Rassistinnen und Rassisten das Wasser abgraben.
Denkweisen und Handlungen, die nicht aus einer rassistischen Haltung des agierenden Subjekts heraus artikuliert oder realisiert werden, können in ihren Konsequenzen durchaus rassistische Züge haben. Ein Kind, das im Geschäft nach einem "Negerkuss" fragt, wird kaum des Rassismus zu bezichtigen sein, obwohl das Wort "Negerkuss" von vielen Schwarzen Menschen als rassistische Beleidigung aufgefasst wird. Eine Lehrerin, die ein Kind mit mangelnden Deutschkenntnissen zur Sonderschule überweist, muss nicht zwangsläufig eine rassistische Haltung haben. Möglicherweise antizipiert sie die Realität mangelnder Sprachförderung an der Schule und spricht sich für die folgenschwere, aber durchaus "gut gemeinte" Überweisung zur Sonderschule aus. Die bestehenden Strukturen von Schule legen diese Entscheidung nahe; eine andere Perspektive auf Kinder mit Migrationshintergrund würde eine migrationssensible Kompetenz voraussetzen, die die aktuelle Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern nicht vorsieht.
Es wird deutlich: Rassistische Ideologie und rassistische Praxen müssen nicht übereinstimmen, rassistische Praxen des Individuums setzen nicht notwendiger Weise eine rassistische Ideologie bei der Person voraus, aber das rassistisch geprägte Umfeld aktiviert rassistische Redeweisen und entsprechende Praxen.
Darüber hinaus verweist die Definition darauf, dass Rassismus ein strukturierendes Moment beinhaltet. Deshalb wird Rassismus, u. a. von Paul Mecheril (2003b), auch als "Ordnungssystem", bezeichnet. Vor allem die Herausbildung der Nationalstaaten hat der Entstehung dieses Ordnungssystems, das unterscheidet zwischen denen, die dazu gehören, und denen, die nicht dazu gehören, maßgeblich vorangetrieben:
Der (deutsche, französische, britische ...) Pass als Hinweis auf Zugehörigkeit und "Zertifikat der Eindeutigkeit" schützt jedoch physiognomisch anders aussehende Menschen nicht vor der Erfahrung der Nicht-Anerkennung und der Ausgrenzung. "Ta carte d' identité, c' ta guele" - "Dein Personalausweis, das ist deine Fresse" zitiert Roger Brubaker (1994, S. 253) einen jungen Franzosen maghrebinischer Herkunft, der in drastischen Worten darauf verweist, dass die jeweilige Staatsangehörigkeit, die Sprachkenntnisse oder der Lebensmittelpunkt im entsprechenden Land nicht zwangsläufig mit der Anerkennung als gleichberechtigte/r Staatsbürger/in einhergehen; wenn die Physiognomie eine andere Herkunft suggeriert, wird diese Anerkennung immer wieder verwehrt.
Die Dimensionen des aktuellen Rassismus werden besonders deutlich, wenn man nicht - wie allgemein üblich - die Täterinnen und Täter, die bewusst und willentlich andere Menschen herabwürdigen, diskreditieren, verletzen oder gar umbringen, zu Wort kommen lässt oder nach ihren Motiven sucht, sondern statt dessen die Menschen befragt, die von Rassismus negativ betroffen sind, die Rassismuserfahrungen machen. Paul Mecheril hat folgende subjektiven Bedeutungen von Rassismuserfahrungen aufgelistet:
Othering
Die Erfahrungen, "anders", "unnormal" und "minderwertig" zu sein, lassen aufhorchen. Sie verweisen auf ein Phänomen des Rassismus, das als "othering" bezeichnet wird, womit nicht nur die Erfahrung des Fremd-gemacht-werdens, sondern auch die des Fremd-werdens gemeint ist: Mit den immer wiederkehrenden Zuschreibungen, den Herabwürdigungen und Diskriminierungserfahrungen übernimmt das von Rassismus betroffene Subjekt die Sichtweise derer, die mit diesen Zuschreibungen, Herabwürdigungen und Diskriminierungen operieren. Das Opfer von Rassismus sieht sich selbst als anders, als unnormal und auch als minderwertig.
Im Folgenden soll die Schlechterstellung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im bundesdeutschen Schulsystem als ein Beispiel für strukturellen/institutionellen Rassismus thematisiert werden. Die Strukturen des Systems Schule wirken sich nicht nur unmittelbar auf die schulische Laufbahn dieser Kinder und Jugendlichen entscheidend aus, vielmehr werden bereits mit diesen Strukturen u. a. berufliche Perspektiven blockiert oder zumindest erschwert. Dies führt zu einer ökonomischen und sozialen Schlechterstellung von Migrantinnen und Migranten.
Seit vielen Jahren ist die Chancenungleichheit, sind die mangelnden Partizipationschancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund im deutschen Schul- und Ausbildungssystem hinlänglich bekannt, mit Pisa 2003 wurden sie auf die Tagesordnung des gesellschaftlichen Migrations- und Bildungsdiskurses gehoben, passiert ist seit Jahrzehnten so gut wie nichts.
Als Maria Santos Ende der 1960er Jahre die erste Schulklasse in Deutschland besucht, gibt es noch kein Bewusstsein dafür, dass nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch Kinder und Jugendliche nach Deutschland kommen, auf die die Verantwortlichen für Schule und Ausbildung reagieren müssten. Zwar werden zu diesem Zeitpunkt bereits seit über zehn Jahren intensiv Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus Italien, Spanien, Portugal, Jugoslawien und der Türkei angeworben, aber zunächst gibt es nicht einmal eine Schulpflicht für Migrantenkinder und -jugendliche; die Bundesrepublik sieht sich nicht für die Ausbildung dieser Kinder und Jugendlichen verantwortlich, was in erster Linie auf den "Gast"status der Arbeitsmigrantinnen und -migranten sowie ihrer Kinder zurückzuführen ist. Gäste gehen nicht in die Schule. Aber Gäste arbeiten auch nicht, insofern war die Rede vom "Gastarbeiter" von Beginn an nicht nur problematisch oder falsch, sondern in seinen Konsequenzen teilweise katastrophal.
Alle relevanten Studien, zuletzt die international vergleichende Schulstudie PISA 2003 und IGLU 2004 über die Leistungen der Grundschülerinnen und -schüler, belegen, dass der schulische Erfolg oder Misserfolg in der Bundesrepublik wesentlich mit externen Faktoren wie sozialem/ökonomischem Background und dem Migrationshintergrund der Kinder und Jugendlichen korreliert. Dennoch werden nach wie vor die Schülerinnen und Schüler bzw. ihre Familien für die Schwierigkeiten im Schulsystem verantwortlich gemacht. So wird darauf verwiesen, dass in Migrantenfamilien nur die Herkunftssprache der Familie gesprochen werde. Das Schulsystem, das es nach 50 Jahren Arbeitsmigration nach Deutschland noch immer nicht schafft, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund rechtzeitig zu fördern, wird nicht kritisiert. "Der Bildungsauftrag des Staates wird auf das Elternhaus übertragen. So können strukturelle Probleme ausgeblendet werden." (Jagusch 2005, S. 4)
"Mythische Norm" (Audre Lord, 1984)
Die deutsche Schule orientiert sich an Normalitätsvorstellungen, die allerdings nicht der Realität entsprechen. Die Norm besagt, dass deutsche Kinder, die die deutsche Sprache beherrschen, in die deutsche Schule gehen und nach einem Curriculum lernen, das deutsche Geschichte, deutsche Literatur, deutsche Politik und Sprachen, die als wichtig erachtet werden (z. B. Englisch und Französisch, nicht aber Türkisch), als Lerninhalte vorschreibt. Alle, die durch dieses Normalitätsraster fallen, müssen sich den Normvorstellungen möglichst schnell und eigenständig anpassen, damit die Homogenität, wenn schon kurzfristig erschüttert, schnellstmöglich wieder hergestellt wird.
Als Normalitätsindikatoren müssen genannt werden:
Die Pisa-Studie 2003 hat nachgewiesen, dass es kein anderes Land innerhalb des Vergleichskanons der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, eine internationale Organisationen von Regierungen mit Sitz in Paris) gibt, in dem der Zusammenhang zwischen sozialen (und damit externen) Indikatoren und dem Bildungsgrad so signifikant ist wie in Deutschland, so der Erziehungswissenschaftler Frank-Olaf Radtke (2004). Auf Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, mit nichtchristlicher Religionszugehörigkeit oder mit einer Behinderung sind Regelschule und Ausbildung in der Bundesrepublik bislang nicht adäquat vorbereitet. Die bildungspolitisch Verantwortlichen sind sich dieser Problemlage nicht erst seit PISA bewusst, aber anstatt die strukturellen Defizite endlich anzugehen, herrscht weiterhin das Prinzip der Leugnung und Problemzuweisung an diejenigen vor, die von den strukturellen Unzulänglichkeiten bzw. Diskriminierungen am meisten betroffen sind. Defizite werden erkannt, aber nicht beseitigt, die Symptome werden benannt, nicht aber ihre Ursachen. Und darin erweist sich die institutionelle Diskriminierung, die
Rassismus ist nicht notwendiger Weise "bösartig"; in seiner routinierten Variante ist er jedoch herabwürdigend, diskriminierend und - wie das Beispiel Schule besonders deutlich vor Augen führt - in seinen Auswirkungen gravierend. Allerdings sind es nicht die rassistischen Routinen, die im gesellschaftlichen Diskurs als Problem bestimmend wahrgenommen werden, sondern die rassistischen Individuen, vorzugsweise am rechten Rand der Gesellschaft, die es zu informieren, zu überzeugen oder ggf. strafrechtlich zu verfolgen gilt. Mit diesen auf Bildung und/oder Repression abhebenden Reaktionsweisen geraten die strukturellen rassistischen Unterdrückungs- und Barriereinstanzen - ob gewollt oder nicht, sei dahin gestellt - aus dem Blick.
Rassismuskritische Forschung
Obwohl es nicht an Studien, Stellungnahmen und an Empfehlungen zur Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund mangelt, verweist ein Gutachten der Bildungsforscherin Ingrid Gogolin et al. aus dem Jahr 2003 (Bund-Länder Kommission 2003) sogar auf ein Absinken der Bildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an weiterführenden Schulen.
Trotz der signifikanten Einwanderung (auch Familiennachzug) und zunehmender Geburten
Alle Studien, die sich mit Fragen der Partizipationschancen von Migrantenjugendlichen am bundesdeutschen Bildungssystem auseinander setzen, kommen zu dem Ergebnis, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund in Haupt- und Sonderschulen überrepräsentiert, in Realschulen und vor allem auf dem Gymnasium unterrepräsentiert sind. So zeigt die Ipos-Studie 2003, dass 28 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund bei der Frage nach dem Schulabschluss bzw. dem angestrebten Bildungsziel den Hauptschulabschluss benennen, während es im Durchschnitt aller Befragten in Westdeutschland nur 15 Prozent sind. Die Mittlere Reife wird von 36 Prozent (alle West: 33 Prozent) genannt und nur 14 Prozent der Migrantenjugendlichen nennen das Gymnasium (alle West: 21 Prozent).
Gleichzeitig verlassen überproportional viele Jugendliche mit nicht-deutschem Pass die Schule ohne einen zertifizierten Schulabschluss, so der Bildungsforscher Klaus Klemm (2004). Fast doppelt so viele deutsche Jugendliche erreichen das Abitur oder den Fachhochschulzugang wie Jugendliche ohne deutschen Pass, so die Erziehungswissenschaftlerinnen Ursula Boos-Nünning und Yasemin Karakasoglu in ihrer Studie "Viele Welten Leben (2004) herausgearbeitet haben.
Beim Übergang zur Sekundarstufe werden Lernhemmnisse prognostiziert wie mangelnde Schulbildung der Eltern (die dementsprechend den Jugendlichen nicht weiterhelfen können), fehlende oder falsche Bildungsbestrebungen und -wünsche sowie Unkenntnisse des deutschen Schulsystems. Weil das deutsche Schulsystem aber immer noch die Unterstützung der Schülerinnen und Schüler seitens der Eltern voraussetzt, weil Schule nicht selbst für Transparenz bezüglich der Chancen und Grenzen der jeweiligen Schulform sorgt und weil Schule immer noch von einem traditionellen Familienbild mit arbeitendem Vater und zu Hause bleibender Mutter ausgeht, werden Jugendliche mit Migrationshintergrund und sozial schwächere Schülerinnen und Schüler, deren Eltern ebenfalls oftmals nicht so ausgebildet sind, dass sie bei Mathematikaufgaben in der Oberstufe unterstützen (oder die teure Nachhilfe finanzieren) können, im bundesdeutschen Bildungssystem institutionell benachteiligt.
Vor allem die Erwartung der sprachlichen Homogenität - alle haben den schulischen Anforderungen entsprechend angemessen Deutsch zu beherrschen - widerspricht der Realität einer Einwanderungsgesellschaft, aber auch der sozialen Disparität einer ausdifferenzierten Industriegesellschaft:
Konsequenzen für Kinder und Jugendliche
Ein Perspektivenwechsel im Schulsystem wäre dringend notwendig, denn Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund (oder aus sozial schwächeren Familien) sind in ihren Lernfähigkeiten nicht defizitär oder eine besondere Herausforderung für Lehrerinnen und Lehrer, vielmehr ist es das Schulsystem, das den Anforderungen einer heterogenen Schülerinnen- und Schülerschaft nicht nachzukommen weiß. Nach wie vor herrschen Zugangsbarrieren für Schülerinnen und Schüler, die den Normalitätsansprüchen des Schulsystems nicht entsprechen. Schule in Deutschland setzt Gleichheit voraus und benachteiligt mit dieser Gleichheitsprämisse diejenigen Schülerinnen und Schüler, die andere Voraussetzungen und Kompetenzen mitbringen, als sie deutsche Schulen vorsehen. So wird beispielsweise nicht Mehrsprachigkeit gewürdigt, sondern ausschließlich die Kenntnis der deutschen Sprache vorausgesetzt. Wo Schülerinnen und Schüler nicht die gleichen Voraussetzungen mitbringen wird das Prinzip der Gleichheit zum diskriminierenden Faktor. Unterschiedliche Voraussetzungen brauchen unterschiedliche Möglichkeiten zur Entfaltung der individuellen Potenziale. Ein strukturelles Ziel sollte Gerechtigkeit für alle sein, nicht ein Beharren auf einen Gleichheitsgrundsatz, der nicht gegeben ist.
Weil Gleichbehandlung bei zugrunde liegenden Unterschieden und verschiedenen Startbedingungen Benachteiligungen fortschreibt und verfestigt, besteht die große Herausforderung an das bundesdeutsche Schulsystem darin, die Differenzen und unterschiedlichen Startbedingungen aller Schülerinnen und Schüler mit zu bedenken, sie anzuerkennen, anstatt sie zu pathologisieren.
Entsprechend der Diskriminierungen im Schulsystem gelingt es Jugendlichen mit Migrationshintergrund in geringerem Maße als Jugendlichen ohne Migrationshintergrund, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Im Jahr 2001 verließen beispielsweise 16,4 Prozent der Jugendlichen ohne deutschen Pass gegenüber 6,9 Prozent der Jugendlichen mit deutschem Pass die Schule ohne anerkannten Berufsabschluss, so das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB 2003). Insbesondere junge Frauen mit Migrationshintergrund (42 Prozent gegenüber 33,7 Prozent) haben keinen Schulabschluss, wie der Bericht der Bund-Länder-Kommission veranschaulicht (2003). Weiterhin wird darauf verwiesen, dass die Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz bekommen, diesen überproportional häufig in Arbeitssektoren finden, die durch geringe Verdienste und Aufstiegschancen sowie durch ungünstige Arbeitsbedingungen gekennzeichnet sind. Bei jungen Männern dominieren Berufe wie Kraftfahrzeugmechaniker, Maler und Lackierer, bei jungen Frauen sind es vor allem Berufe wie Friseurin, Arzthelferin und Verkäuferin, die ausgeübt werden. Im öffentlichen Dienst sind demgegenüber Jugendliche ohne deutschen Pass mit 2,1 Prozent deutlich unterrepräsentiert, wie eine Statistik des BIBB (2003, S. 35) zeigt. Das Bundesinstitut für Berufsbildung kommt in seiner Studie aus dem Jahr 2003 zu dem Ergebnis, dass "Jugendliche ausländischer Herkunft [...] am ehesten in den Ausbildungsberufen eine Chance [haben], die für junge Deutsche nicht so attraktiv sind." (Granato 2003, S. 34)
Natürlich haben auch Jugendliche mit Migrationshintergrund kein besonderes Faible für schlecht bezahlte und Karriere untaugliche Arbeit, die dann auch noch allzu häufig mit ungünstigen Arbeitsbedingungen einhergeht. Vielmehr verweist diese Untersuchung auf strukturelle Formen rassistischer Diskriminierung von Migrantenjugendlichen in der Ausbildung über die Schule hinaus. Auch die Arbeitslosenquote belegt, dass Ausländerinnen und Ausländer überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Im Jahr 2004 waren 20,1 Prozent der Personen ohne deutschen Pass arbeitslos (Isoplan 2004).
Die Zahlen verdeutlichen, wie die systematische Schlechterstellung von Kindern und Jugendlichen in Schule und Ausbildung gravierende Auswirkungen auf ihre sozio-ökonomische Zukunft hat, wie Partizipationschancen verhindert und damit die Schlechterstellung gesellschaftlich festgeschrieben wird und dies auch noch mit Schuldzuweisungen (vermeintlich fehlende Sprachkompetenz und unterstellter Mangel an Integrationswillen) an Eltern und die Jugendliche selbst einhergeht. Auch wenn Studien wie PISA 2003 und IGLU 2004 deutlich die Verantwortung des bundesdeutschen Schulsystems zeigen, so sind es doch im bundesdeutschen Migrationsdiskurs die Migrantinnen und Migranten selbst, die für die (Aus-)Bildungsmisere ihrer Kinder und Jugendlichen verantwortlich gemacht werden. Das Insistieren auf überkommene Normalitäts- und Homogenitätsvorstellungen, die systematische Errichtung oder Beibehaltung von Zugangsbarrieren, die Ignoranz (oder Inkompetenz) der Bildungsverantwortlichen schreibt eine rassistische Struktur fort, die Migrantinnen und Migranten auch weiterhin als "nicht normal", "schwierige", "Problem belastete", "Kosten verursachende" Menschen darstellt und wahrnimmt.
"Deutschland war schön, bevor die Ausländer kamen." (Mecheril 2003a, S. 73) Diese Aussage einer mehrheitsangehörigen Frau zu einer Migrantin bringt die Konsequenzen dieser Schulpolitik für den gesellschaftlichen Diskurs auf den Punkt: Individuen werden für strukturelle Defizite verantwortlich gemacht.
Aber es sind nicht nur einzelne Menschen, die so denken und handeln. Dass Schule mit ihren Selektionsmechanismen so wirkmächtig und unhinterfragt ist, dass trotz Pisa und IGLU keine grundlegenden Veränderungen des Schulsystems angegangen werden, verweist darauf, dass auch hier strukturelle Probleme individualisiert werden: Weil "sie" anders, nicht wie "wir" seien, weil "sie" weniger gebildet seien und weniger Wert auf Bildung legten, weil "sie" kein demokratisches Schulsystem kennen würden, weil "sie" zu Hause kein Deutsch sprächen, schnitten Migrantenkinder und -jugendliche in der Schule teilweise so schlecht ab. Die Bildungsmisere von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund wird auf diese Weise kommuniziert und ist scheinbar plausibel.
Durch die ethnisch-kulturelle Diskriminierung und dem Unvermögen des Schulsystems, das es trotz mittlerweile 50 Jahren Arbeitsmigration und immer schon bestehender sozialer Disparitäten nicht schafft, Ungleichheiten adäquat wahrzunehmen und zu berücksichtigen, reproduziert sie ethnisch, kulturell und/oder national als anders definierte Menschen mit Migrationshintergrund und verfestigt damit rassifizierende Strukturen. Die ethnisierenden und kulturalisierenden Zuschreibungen zementieren eine Wahrnehmung der betroffenen Kinder und Jugendlichen, die diese an die Zuschreibungen glauben lässt. Die reale Schlechterstellung wird von diesen Kindern und Jugendlichen mit der Zeit als persönliches Unvermögen angesehen (othering).
Der Verweis auf institutionelle/strukturelle Diskriminierung ist aber nur die eine Seite der Medaille der gesellschaftlichen Realität von Ungleichbehandlung. Sie thematisiert nicht interaktive und persönliche Diskriminierungen. Ethnisierungen durch Lehrerinnen und Lehrer, die aus ihren Schülerinnen und Schülern türkische Kinder machen, tragen in bedeutsamem Maße zur Identifizierung und Diskriminierung dieser Kinder und Jugendlichen als Andere, als Fremde bei.
Wenn Angriffe auf Migrantinnen und Migranten, Schwarze Deutsche, auf Jüdinnen und Juden öffentliche Aufmerksamkeit erlangen, wenn rassistische Äußerungen einer prominenten Person Schlagzeilen machen, wenn jüdische Einrichtungen oder Asylbewerberwohnheime Ziele von Brandanschlägen werden, gerät der individuelle Rassismus ins Blickfeld. Die Thematisierung dieses individuellen und auch alltäglichen Rassismus geht häufig mit der Frage einher, was man tun könne, um ihm entgegen zu treten. Aber es wird auch nach Erklärungsansätzen für individuelles alltagsrassistisches Verhalten gesucht und hier wird vor allem die Psychologie befragt. Sie fokussiert in ihren theoretischen Angeboten den Umgang des Menschen mit "Fremdheit" und hält vielfältige Antworten parat:
Exkurs: Psychologische Erklärungsansätze
Die verschiedenen psychologischen Theorien basieren auf unterschiedlichen Erklärungsansätzen, die Paul Mecheril folgendermaßen skizziert hat:
Diese idealtypisch skizzierten Theorien benennen verschiedene Begründungen für individuelles rassistisches Denken und Handeln. Diese Begründungen gehen nach Mecheril auch mit Vorschlägen zu einem weniger "feindlichen Umgang" mit den vermeintlich Fremden einher:
Die Erklärungsansätze und auch die Handlungsempfehlungen haben teilweise Eingang gefunden in die antirassistische pädagogische Arbeit: Aufklärung, Information, Bewusstmachung etc. sind wesentliche Elemente pädagogischen Handelns. Allerdings können die Erklärungsansätze und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen aus zwei verschiedenen Perspektiven kritisiert werden:
1. Dichotomisierung der Gesellschaft:
In den psychologischen Erklärungsansätzen wird die Unterscheidung zwischen "wir" und "Nicht-wir", zwischen Fremden und Nicht-Fremden, zwischen Anderen und Nicht-Anderen nicht thematisiert. Diese Dichotomisierung wird vielmehr als gegeben angesehen, bleibt unhinterfragt und wird somit weiter reproduziert.
Das folgende Zitat verdeutlicht die angesprochene Problematik der unhinterfragten gesellschaftlichen Dichotomisierung. Es ist ein Text, in dem sich die Autorin mit der Frage der Ausländerfeindlichkeit beschäftigt. Dort heißt es:
"Die Angriffe gegen Ausländer in unserem Land haben uns erschreckt und beschämt. Hilflos und ohnmächtig mussten wir miterleben, dass Menschen, die sich um Hilfe an uns wenden, Angst um ihre Gesundheit und um ihr Leben haben müssen." (Bauriedl 1992, S. 156)
Der Text unterscheidet zwischen "uns" und "Ausländern". Diese Unterscheidung wird nicht eigens analysiert, sondern als gegeben, als Normalität vorausgesetzt. Diese vermeintliche Normalität konstituiert den Text. Darüber hinaus richtet sich der Text ausschließlich an "Wir-Mitglieder", die als "Ausländer" bezeichneten Menschen werden nicht als Leserinnen und Leser gedacht. Sie kommen nicht als eigenständige Subjekte im Text vor, sondern werden zu Objekten "unseres" Interesses degradiert. Paul Mecheril kommentiert diese Textpassage folgendermaßen:
Eine weitere Frage drängt sich auf: Wem gilt die eigentliche Sorge nach den Anschlägen, den Opfern der Gewalt, oder den "erschreckten", "beschämten", "hilflosen" und "ohnmächtigen" Mehrheitsangehörigen? Um wen müssen sich Psychologie, Pädagogik, Politik kümmern, um die Opfer der Gewalt oder jenen beschämten Mehrheitsangehörigen? Nicht die Lebensrealität der realen und potenziellen Opfer steht hier im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern "unser" Erschrecken, "unsere" Scham. "Welch infamer Luxus", kommentiert Mecheril (Mecheril 2001, S. 8).
2. Enthistorisierung und Dekontextualisierung der Angst:
Die Erklärungsansätze enthistorisieren die Angst vor Fremden, thematisieren diese Angst aus der Perspektive derer, die Angst vor der Entmachtung (durch die Fremden) haben, und unterschlagen dabei die Geschichte der Bemächtigung.
Birgit Rommelspacher verweist auf den zweiten kritikwürdigen Aspekt der psychologischen Erklärungsansätze: Im Rassismus, so schreibt sie (Rommelspacher 1995, S. 178), würden die Minderheiten dafür verantwortlich gemacht, dass die Mehrheit Probleme habe, weil die Minderheiten angeblich Angst machten.
Rommelspacher problematisiert in ihrem Buch "Dominanzkultur" die verschiedenen psychologischen Erklärungsansätze von Rassismus nicht, weil ihnen jegliche Plausibilität abzusprechen sei. So teilt sie beispielsweise die Auffassung Kristevas, dass Menschen im Fremden auch mit der eigenen Angst vor der Zukunft und der Angst vor der eigenen Machtlosigkeit konfrontiert seien. Aber sie fragt:
Zur Erklärung von Alltagsrassismus muss dementsprechend die rassismustheoretische Frage gestellt werden:
Privilegien
Wenn es nicht um die Frage geht, wie wir besser mit Fremden umgehen können, sondern darum, wie Fremdheit als Ordnungssystem immer wieder erzeugt wird, so ist auch nicht nach psychischen Bewältigungsformen des Menschen im Umgang mit Fremdheit, sondern nach den Privilegien und der Machtausstattung des Individuums zu fragen. Peggy McIntosh hat eine Liste von Privilegien erstellt, die Weiße Personen unabhängig von Gender, Klasse, Religionszugehörigkeit etc. genießen:
"6. Ich kann den Fernseher einschalten oder die erste Seite der Zeitung aufschlagen und Menschen meiner Hautfarbe überall repräsentiert sehen. [...] 7. Wenn man mir von der Geschichte unseres Landes oder von der ‚Zivilisation' erzählt, wird mir gezeigt, dass es Menschen meiner Hautfarbe waren, die es zu dem gemacht haben, was es ist. [...] 15. Ich muss meine Kinder nicht dazu erziehen, sich des strukturellen Rassismus bewusst zu sein, zu ihrem eigenen täglichen physischen Schutz. [...] 17. Ich kann mit vollem Mund sprechen, ohne dass jemand dies meiner Hautfarbe zuschreibt. [...] 21. Ich werde nie aufgefordert, für alle Menschen meiner rassischen Gruppe zu sprechen. 22. Ich kann die Sprachen und Traditionen von Menschen of Color, die weltweit die Mehrheit darstellen, ignorieren, ohne in meiner Kultur irgendeine Strafe für eine solche Ignoranz zu spüren. [...] 45. Ich kann erwarten, dass die Bildersprache und Metaphorik in allen Künsten Zeugnis von der Erfahrung meiner Rasse ablegen." (McIntosh 1988/1997, S. 293f., zitiert nach: Wollrad 2005, S. 86)
Diese Auflistung von Privilegien macht deutlich, dass selbst wohlmeinende Menschen, die nicht rassistisch denken und handeln (wollen), durch ihren Status als Angehörige der dominierenden Kultur, als Weiße Menschen von Privilegien profitieren, die die gesellschaftliche Dichotomisierung von "Fremd" und "Zugehörig" stabilisieren. Sie ziehen - oftmals unbewusst - Vorteile aus dem bestehenden rassistischen Ordnungssystem, sei es auf psychischer, materieller, kultureller oder symbolischer Ebene. Individueller Rassismus ist deshalb so wirkmächtig, weil er auch ohne bewusstes/beabsichtigtes rassistisches Handeln die realen Machtverhältnissen bestätigt und stabilisiert. Rassismus ist deshalb so schwer zu bekämpfen, weil er die Verhältnisse, von denen die Mehrheit profitiert, stabilisiert. Damit werden diese Verhältnisse nicht ernsthaft infrage gestellt oder gar als veränderungswürdig thematisiert.
Rassismus als flexible, soziale Praxen
Rassismus drückt sich nicht nur in Übergriffen auf Migrantinnen und Migranten aus, und er existiert nicht allein in verselbstständigten gesellschaftlichen Strukturen, für die niemand mehr verantwortlich zu sein scheint und die schwierig zu verändern sind. Der Rassismusforscher Stuart Hall bezeichnet Rassismus als soziale Praxen (Hall 2000, S. 7) und verweist damit auf Rassismus als ein Phänomen, das sich in gesellschaftlichen Strukturen, aber eben auch in den alltäglichen sozialen Praxen der Menschen, in ihrem Denken und Handeln niederschlägt. Diese Praxen unterscheiden sich in ihren Argumentationsfiguren. So ist beispielsweise der rassistische Diskurs in Frankreich und England deutlich durch die Kolonialzeit dieser Länder geprägt, während in der Bundesrepublik Deutschland neben der kolonialen auch die nationalsozialistische Vergangenheit in den aktuellen Rassismus hinein wirkt. Dazu zwei Beispiele: Oskar Lafontaine sprach im Wahlkampf 2005 beispielsweise von "Fremdarbeitern" und rekurrierte damit auf ein rassistisches Stereotyp, das während des Nationalsozialismus gebräuchlich war. Und als der CDU-Politiker Martin Hohmann - in einer Rede zum 3. Oktober 2003 - vom "Tätervolk" sprach, aktivierte er damit das antisemitische Programm des Nationalsozialismus. Außerdem unterliegen rassistische Praxen nicht nur historischen Realitäten, sondern sind auch abhängig von kulturellen, sozialen, geschlechtlichen, religiösen und anderen Einflüssen.
Der Begriff "Alltagsrassismus", der in den 1980er Jahren von der niederländischen Rassismusforscherin Philomena Essed (1984) eingeführt worden ist, verweist auf alltägliche und scheinbar banale, dennoch folgenschwere Konstruktionen von "Wir"- und "Ihr"-Gegensätzen. Individueller Rassismus wird durch Angehörige der Mehrheitsgesellschaft artikuliert. Er zeigt sich nicht zwangsläufig in aggressiver und gewollt verletzender Art und Weise, vielmehr kann er sich auch subtil, unauffällig, verdeckt und latent gebärden, wie der Erziehungswissenschaftler Rudolf Leiprecht in seinem Buch "Alltagsrassismus" (2001) beschreibt. Es kann sich um bewusste, aber auch unbewusste Einstellungen und Verhaltenspraxen handeln. Auch wenn eine Äußerung nicht rassistisch gemeint ist, kann sie rassistische Effekte zur Folge haben und die betroffenen Menschen beschämen und verletzen. So ist die - durchaus freundlich gemeinte - Frage "Wo kommen Sie her?" ein gutes Beispiel für eine ambivalente, von Migrantinnen und Migranten häufig auch als rassistisch wahrgenommene Frage: Sie signalisiert zwar einerseits Interesse seitens der fragenden Person gegenüber der als Migrant/in wahrgenommen Person, andererseits beinhaltet die Frage eine subtile Form der Ausgrenzung: "Wo kommen Sie her?" beinhaltet auch die Unterstellung "...hier gehören sie nicht hin!" oder "...zu uns gehören sie aber nicht!" (vgl. Battaglia 2007) Migrierte haben aufgrund ihrer einschlägigen Erfahrungen oftmals ein feines Gespür für diese Zwischentöne, für die subtilen Aussagen, die in einer vermeintlich freundlichen Frage mitschwingen. Sie verletzten und erzeugen bei ihnen Kopfschütteln und Aggression; vielleicht wird der problematische Anteil der Frage ignoriert, vielleicht wird er beantwortet mit dem Hinweis auf Dortmund, Gelsenkirchen oder Düsseldorf (und erzeugt damit oftmals kognitive Dissonanzen, denn diese Orte verweisen auf eine Beheimatung in der Bundesrepublik Deutschland, was doch eigentlich von der fragenden Person ausgeschlossen wurde). Migrantinnen und Migranten hören immer wieder diese Frage, manchmal auch mit einem Hinweis auf die guten Sprachkenntnisse verbunden, der als Lob daher kommt, aber einen subtilen Platzverweis enthält: "Obwohl Sie doch nicht Deutsche/Deutscher sind, sprechen Sie gut Deutsch." Auch diese Äußerung beinhaltet verschiedene Aspekte von Ausgrenzung: Der als physiognomisch anders wahrgenommene Mensch gehört nicht nach Deutschland, denn hier sind alle weiß (und blond- bis braunhaarig, haben blaue Augen ...). Und wenn sie nicht "hier hingehören", können sie folgerichtig auch keine deutschen Staatsbürgerinnen und -bürger sein, respektive wohl kaum die deutsche Sprache beherrschen.
Die Strategien, auf diesen Platzverweis zu reagieren, sind vielfältig. Oftmals führen sie zu einer pragmatischen Selbstverortung jenseits der Bundesrepublik:
"'Ich sag immer, ich bin Inder. Warum weiß ich nicht. Im Prinzip könnte ich auch sagen, ich bin Deutscher. Aber [...] nur Inder ist einfacher zu erklären. Weil, wenn du sagst, du bist Deutscher, [...] dann fragen die: ‚Aber was ist deine Herkunft?' Die Frage ist schon aus dem Weg, wenn du sagst, du bist Inder. // lacht // Ich meine aus praktischen Gründen.'" (Mecheril 2003a, S. 105)
Diese Pragmatik bestätigt allerdings die Vermutung der fragenden Person, dass der oder die Befragte nicht deutsch sei, nicht nach Deutschland gehöre. Die Dichotomisierung in "Wir" und "Ihr" wird scheinbar verifiziert.
Zeigt die befragte Person Unverständnis, gar Ärger und weist die Frage zurück, reagieren viele Mehrheitsangehörige mit dem Hinweis, man solle doch nicht gleich beleidigt sein, die Frage sei doch nett gemeint. Die Frage wird nicht in ihrer problematischen ausgrenzenden Konnotation wahrgenommen; die Irritation, der Ärger, die Verletzung wird nicht verstanden und/oder als unangemessen zurückgewiesen. Die Gefühle des Gegenübers lösen kein Nachdenken über die eigene Frage und die unterschwellige Ausgrenzung aus, vielmehr bestätigen sie die vermeintliche Fremdheit des Gegenübers, denn er oder sie reagiert in einer angeblich unverständlichen und/oder unangemessenen Weise. Die mehrheitsangehörige Person stellt sich selbst nicht in Frage. Die Deutungshoheit obliegt der Dominanzgesellschaft.
Ähnlich verhält es sich mit anscheinend positiven Zuschreibungen. Befragt nach ihren Assoziationen zum Begriff "Ausländer", nennen die mehrheitsangehörigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Seminars Attribute wie "dunkle Haare, dunkle Haut, Gerüche, andere Kleidung, Kopftuch, viele Kinder, emotional, andere Religion, Musik, gutes Essen, fröhlich" (zitiert nach Kalpaka/Räthzel 1994, S. 16). Die Rassismusforscherinnen Annita Kalpaka und Nora Räthzel bewerten die Aussagen folgendermaßen:
Diese Beispiele können Mehrheitsangehörige verunsichern, die Migrantinnen und Migranten gegenüber aufgeschlossen sind. Kann Freundlichkeit rassistisch sein? Können freundlich gemeinte Äußerungen als rassistisch, also verletzend wahrgenommen werden? Die Rassismusforscherin Birgit Rommelspacher verweist auf das entscheidende Kriterium:
"Man muss jedoch nur einmal versuchen, sich in die Person hineinzuversetzen, die z. B. ständig gefragt wird, woher sie komme, um sich klar zu machen, dass die Wirkung einer solchen Frage nicht unbedingt mit dem übereinstimmen muss, was man selbst beabsichtigt hat." (Rommelspacher 2003, S. 1)
Dementsprechend spricht Rommelspacher auch von dem eher beiläufigen Charakter des alltäglichen und individuellen Rassismus, der geradezu ein Bestandteil der Alltagskultur sei. Er sei bei Menschen anzutreffen, die sich politisch links, liberal oder auch konservativ verstehen und die sich den demokratischen Grundsätzen dieser Gesellschaft verpflichtet fühlen. Diese Menschen wollen in der Regel nicht diskriminieren, vielmehr bemühen sie sich, keinen Unterschied zwischen Menschen zu machen. Oder, so zeigt die Frage nach der Herkunft, individueller und alltäglicher Rassismus kann mit einer freundlichen Interessensbekundung einhergehen, mit Neugierde, die in ihr unbeabsichtigtes Gegenteil kippt.
Neugierde ist häufig positiv konnotiert, im Sinne von "aufgeschlossen" oder "interessiert an anderen Menschen". Dass Neugierde auch verletzten kann, wird viel zu wenig registriert.
Grada Ferreira kommentiert Erfahrungen der übergriffigen Neugierde, der Grenzverletzung, der offenen oder verdeckten rassistischen Zuschreibungen, die eben auch als vermeintliches Lob, als Herausstellung angeblich hübscher körperlicher Merkmale etc. daherkommen, folgendermaßen:
Individueller und alltäglicher Rassismus ist deshalb Rassismus, weil er die gesellschaftlichen Mechanismen der Ungleichheitskonstruktion durch Kriterien von nationalstaatlicher, ethnischer und kultureller Herkunft legitimiert, d. h. die gesellschaftlichen Machtverhältnisse werden bestätigt. Im Unterschied zum strukturellen/institutionellen Rassismus geht es beim individuellen Rassismus jedoch weniger um politische und ökonomische Macht,
Migrantinnen und Migranten, Schwarze Deutsche, selbst Nachkommen von Migrierten in der 3. Generationen werden in der Bundesrepublik oftmals noch als "Ausländer" wahrgenommen und angesprochen. Vor allem physiognomisch anders aussehende Menschen, die der "mythischen Norm" (Audre Lorde) nicht entsprechen, erleben immer wieder Diskriminierungen auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, in den Familien von mehrheitsangehörigen Freundinnen und Freunden, beim Besuch einer Disco. Schwarze Deutsche werden immer noch als "Neger" bezeichnet.
Sprache kann verletzen und herabsetzen. Die Bedeutung eines Wortes hängt oftmals vom (historischen) Kontext ab, in dem es sich entwickelt hat und gebraucht wird. Der Begriff "Neger" wurde beispielsweise von den weißen Kolonialherrschenden im Kontext von Kolonialismus und Sklaverei als Herabwürdigung der schwarzen Sklavinnen und Sklaven benutzt. Er steht für extreme Entrechtung und Herabwürdigung.
"'Ich erinnere mich daran, dass (mein Freund) einen Klavierlehrer hatte und ich ihn nach seiner Stunde abholte, und der Klavierlehrer hatte ein kleines Mädchen. Das kleine Mädchen fing an zu reden: ‚Die schöne Negerin, und wie toll die Negerin aussieht, und die schönen Augen, die die Negerin hat, und die schöne Haut, die die Negerin hat [...] und ich will auch Negerin sein!' Zu der Zeit sprach ich wenig Deutsch. Ich verstand nichts von dem, was sie sagte, ich hörte immer nur dieses eine Wort: Neger, Neger, Neger, Neger, wieder und wieder [...] und natürlich hörte ich es wie nigger auf Englisch. Und [...] ich erinnere mich, dass ich es das erste Mal fühlte [...] diese Art von physischem Schmerz, weil jemand etwas tat oder sagte. Es gibt diesen [...] Schmerz in den Fingern, es gibt etwas [...]. Ich hatte das noch nie in meinem Körper gefühlt.'" (Ferreira, 2003, S. 154)
Es wird deutlich: Auch wenn das kleine Mädchen nicht in rassistischer Absicht gesprochen hat, so stellt die Rede von der schönen Negerin doch eine rassistische Verletzung dar. Das Wort "Neger" gehört zum Wortschatz des Kindes, d. h. im Umfeld des Kindes (Familie, Kindergarten, Schule ...) wird herabwürdigend über Schwarze Menschen gesprochen, die Degradierung der Schwarzen während der Kolonialzeit erfährt - ob bewusst oder unbewusst, gewollt oder nicht - ihre Fortsetzung. Die als "Negerin" bezeichnete Frau sieht sich herabgewürdigt, sie empfindet physischen Schmerz. Es muss kein böser Wille im Spiel sein um Andere zu verletzen.
Othering
Die von Rassismus Betroffenen werden nicht nur für den Moment verletzt, sondern gleichen sich in einem Prozess der Entfremdung dem zugeschriebenen Bild an. Sie fühlen sich unterlegen, schlecht gebildet, exotisch, anders, fremd ... Sie werden zu dem, was von ihnen schon immer erwartet wurde. Der französische Psychiater Frantz Fanon hat dies als "absolute Depersonalisierung" (Fanon 1970, S. 63) bezeichnet: Der Schwarze Mensch entwickelt zu sich selbst eine Beziehung, die durch den Kolonisator (respektive den Mehrheitsangehörigen) vorgeschrieben wird. Diese Angleichung an die Konstruktionen/Zuschreibungen führt zu einem Zustand der inneren Spaltung. Im aktuellen Rassismusdiskurs wird dieses Phänomen als "othering" bezeichnet: Wenn der Schwarze Deutsche, die Migrantin durch die ständige Konfrontation mit Zuschreibungen nach und nach diese unbewusst übernimmt, ist sie oder er tatsächlich zum vermeintlich Anderen geworden, er oder sie hat sich dem Bild vom Anderen angeglichen. Migrantinnen und Migranten beispielsweise, die ihre bilingualen Kompetenzen gering schätzen und ihr Augenmerk auf die Defizite im Deutschen legen, bestätigen unbewusst den Prozess des othering.
Das Insistieren auf Fremdheit, auf kultureller Differenz und zunehmend auch auf der Unvereinbarkeit vor allem der muslimischen Religion und Kultur mit der "deutschen" Kultur, mit "deutschen" Werten verweist die Menschen, über die gesprochen wird, auf einen randständigen gesellschaftlichen Platz, wenn sie nicht gleich als "außerhalb" stehend charakterisiert werden.
Perspektiven und Paradoxien
Im Umgang mit Anderen, im Verhältnis zwischen Mehrheits- und Minderheitenangehörigen, muss eine Balance gefunden werden, die Unterschiede nicht leugnet, sie aber auch nicht überbewertet und ständig auf ihnen beharrt. Es gilt, so Birgit Rommelspacher,
Dass dieser Balanceakt nicht ohne Paradoxien auskommt, lässt das folgende Zitat der amerikanischen Schriftstellerin Pat Parker erahnen:
Die im Englischen als "Farbenblindheit" (colour blindness) bezeichnete Ignorierung von Hautfarbe funktioniert eben nicht als antirassistische Strategie, denn sie unterschlägt die realen Machtverhältnisse, die Rassismuserfahrungen von Schwarzen und Migrierten und setzt eine Chancen- und Partizipationsgleichheit voraus, die nicht existiert. Damit werden Rassismus und Diskriminierung nicht verhindert, sondern lediglich verschleiert. Rassismuskritik und rassismuskritische Praxis kommen um den schwierigen Balanceakt der notwendigen Wahrnehmung von Differenz einerseits und der immer wieder auch notwendigen Nicht-Berücksichtigung dieser Unterschiede andererseits nicht herum.
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Mit der Ermordung George Floyds im Mai 2020 und der „Black Lives Matter“-Bewegung ist auch in Deutschland die Debatte um Anti-Schwarzen Rassismus in den Fokus gerückt. In Deutschland leben über eine Million Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen, darüber hinaus gibt es kaum Wissen über ihre Lebensrealitäten und Diskriminierungserfahrungen. Der Afrozensus ist die erste größere Erhebung unter Schwarzen, afrikanischen und afrodiasporischen Menschen und eröffnete wichtige Erkenntnisse über das vielfältige Leben der Menschen in Deutschland, ihr Engagement und ihre Diskriminierungserfahrungen. Die Ergebnisse des Afrozensus zeigen deutlich, dass eine Professionalisierung und Sensibilisierung im Umgang mit Anti-Schwarzem Rassismus notwendig ist.
Anti-Schwarzer Rassismus bildet die Grundlage nationalistischer und rassistischer Ideologien und hat seinen Ursprung im Kolonialismus, dessen Brutalität besonders durch eine Einteilung und Hierarchisierung von Menschen entlang rassistischer Differenzlinien möglich war. Der diesjährige Kooperationsfachtagung von IDA-NRW, AJS NRW, LJR NRW und dem LVR-Landesjugendamt Rheinland und dem LWL-Landesjugendamt Westfalen legt den Fokus auf Anti-Schwarzen Rassismus. Neben der zentralen Frage, in welchen Ausprägungen und Erscheinungsformen uns
Anti-Schwarzer Rassismus heute begegnet, wollen wir in diesem Zusammenhang auch die historische Perspektive in den Blick nehmen. Darum werden wir uns im Rahmen der Veranstaltung mit deutscher Kolonialgeschichte sowie kolonialen Kontinuitäten, die unsere Gesellschaft und unsere (pädagogische) Arbeit bis heute prägen, auseinandersetzen. Dabei stellen wir uns die Frage, wie eine Aufarbeitung von Kolonialgeschichte in der Bildungsarbeit gestärkt werden kann und welche Handlungsräume sich dafür in NRW bieten.
Anmeldung: https://ajs.nrw/events/?event_id=259
Anmeldefrist: 05. März 2023
Aus Förderungsgründen werden Anmeldungen aus NRW vorrangig behandelt.
Das Konzept setzt auf Kurzinterventionen bzw. -beratungen, wie zum Beispiel:
•Pausengespräche in der Schule
•Gespräche in Jugendzentrum, Sportverein, Wohngruppe oder JVA
Inhaltliche Schwerpunkte:
•Veränderungs- und Radikalisierungsprozesse erkennen und verstehen
•Vermittlung von Hintergrundwissen zu Rassismus und Rechtsextremismus
•Praxisorientierte Methoden der motivierenden Gesprächsführung
•Umgang mit Widerstand, Ambivalenzen und Widersprüchen
Zielgruppe der Fortbildung sind Personen, die beruflich oder ehrenamtlich mit rechtsorientierten Jugendlichen oder jungen Erwachsenen im Kontakt sind, z.B.:
•(angehende) Sozialarbeiter*innen und pädagogische Fachkräfte
•Mitarbeitende / Ehrenamtliche in der Jugendhilfe, in Vereinen oder JVAs
Angeboten wird die Fortbildung von einem Team aus zwei zertifizierten VIR-Trainer*innen