RSS

Glossar

_
"Zigeuner"

Die Bezeichnung »Zigeuner« ist eine in ihren Ursprüngen bis ins Mittelalter zurückreichende stigmatisierende Fremdbezeichnung durch die Mehrheitsbevölkerung und wird vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt. Ob die Bezeichnung von Umschreibungen wie »ziehende Gauner« abstammt, ist unklar. Unumstritten ist, dass die Fremdbezeichnung schon im 16. Jh. stark negativ gefärbt war und mit ihr zahlreiche Vorurteile und pauschale Diffamierungen aufgerufen werden. Im Gegensatz zum Zentralrat Deutscher Sinti und Roma ist die Sinti Allianz Deutschland e. V. der Auffassung, dass das Wort »Zigeuner« benutzt werden darf, sofern dies wertfrei geschieht.

A
Antidiskriminierung

Mit Antidiskriminierung verbindet sich ein aktives Eintreten gegen Diskriminierung, sei sie direkter oder indirekter Art. Die Spannweite von Aktivitäten reicht hierbei von der gezielten Beratung und Unterstützung von Menschen mit Diskriminierungserfahrungen und der Dokumentation von Diskriminierungsfällen über öffentlichkeitswirksame Kampagnen für Vielfalt und gleiche Rechte bis hin zu Gesetzen mit einklagbaren Bestimmungen zum Schutz vor Diskriminierung. Ein wichtiges Ziel von Antidiskriminierungsarbeit ist die Sicherung fundamentaler Menschenrechte.

Antisemitismus

Der Begriff wurde Ende des 19. Jhs. von deutschen Antisemiten geprägt, die ihre Feindschaft gegenüber Juden damit - in Abgrenzung zu religiös motivierten Antipathien - pseudo-wissenschaftlich und rassistisch zu legitimieren versuchten. »Im modernen Sprachgebrauch« - so der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz - meint der Begriff »die Gesamtheit judenfeindlicher Äußerungen, Tendenzen, Ressentiments, Haltungen und Handlungen unabhängig von ihren religiösen, rassistischen, sozialen oder sonstigen Motiven.«

Antiziganismus

Der Begriff findet in den letzten Jahren stärkere Verbreitung, um Feindschaft gegen Sinti und Roma zu bezeichnen. So formuliert die Gesellschaft für Antiziganismusforschung: »Antiziganismus (von tsigane = Zigeuner) ist die feindliche Haltung gegenüber den ›Zigeunern‹, die von inneren Vorbehalten über offene Ablehnung, Ausgrenzung und Vertreibung bis zu Tötung und massenhafter Vernichtung reicht. Diese Haltung zeigt sich ebenso in der Diskriminierung und Dämonisierung der Minderheit wie in der Verklärung des ›lustigen Zigeunerlebens‹.«

Ausländer

Der Begriff des Ausländers bzw. der Ausländerin bezeichnet in Deutschland lebende Menschen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Er wird häufig verwendet im Rahmen gesetzlicher Regelungen (z. B. Staatsanghörigkeit, Ein- und Ausreise, Aufenthalt) und in Bevölkerungsstatistiken. Als juristischer Begriff verweist er auf einen Status eingeschränkter Rechte: Wer nicht den deutschen Pass besitzt, ist in wesentlichen Lebensbereichen nicht gleichgestellt. Ausgrenzung setzt insofern rechtlich bei der Frage der Staatsbürgerschaft an. Zur Bezeichnung von Anfeindungen gegenüber den/die Anderen ist der Begriff der Ausländerfeindlichkeit allerdings ungeeignet, weil eine fremde Staatsangehörigkeit nicht das Merkmal ist, an dem sich negative Einstellungen und Gewalt festmachen: So sind weiße US-Amerikaner weniger von diesen Anfeindungen betroffen als schwarze Deutsche.

Autonome Nationalisten

Autonome Nationalisten (AN) nennen sich zumeist junge Neonazis aus dem Umfeld der sog. »freien Kameradschaften«, die bewusst Symbole, Sprache, Bekleidungsstile und Aktionsformen der politisch linken autonomen Szene kopieren. Sie geben sich antikapitalistisch, jugendkulturell modern und militant und treten bei Demonstrationen weitgehend geschlossen in einheitlicher schwarzer Kleidung (Windbreaker mit Kapuzze, Kapuzzenpullover, Baseball-Kappen, Sonnenbrille etc.) auf, manchmal auch mit anderem, eher »links« konnotierten Outfit (z. B. sog. Palästinensertuch). »Nationaler Sozialismus«, »Frei, sozial und national« oder »Autonom, militant, Nationaler Widerstand«, so lauten die Parolen der aktivistischen Gruppen, deren ideologische Ziele mit Freiheit und Autonomie nichts zu tun haben. Autonome Nationalisten haben den Anspruch, die »wahre nationalsozialistische Revolution« auf die Straße zu tragen.

B
Behinderung

Von Behinderung wird gesprochen, wenn Menschen aufgrund einer erfahrenen Schädigung in geistiger, körperlicher oder psychischer Hinsicht in ihren Entwicklungsmöglichkeiten und in ihren Lebensumständen stärker beeinträchtigt sind als Menschen ohne Schädigung. An der Entfaltung ihrer persönlichen Möglichkeiten werden sie allerdings auch be- bzw. gehindert, weil ihnen notwendige Hilfen zur Kompensation ihrer Beeinträchtigung verwehrt oder nur in fremdbestimmter Form gewährt werden. Beispiele sind Barrieren wie Treppen für Rollstuhlfahrer oder fehlende akustische Ansagen bei Sehbehinderten.

Binationalität

Mit verschiedenen Terminologien wird versucht, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass in Deutschland Menschen leben, deren Lebenssituation nicht adäquat mit Kategorien wie »deutsch« oder »nichtdeutsch« zu erfassen ist. So verweist etwa der Begriff der Binationalität oder der binationalen Herkunft auf Menschen, deren Eltern nichtdeutscher Herkunft sind oder die einen Elternteil mit anderer Nationalität haben. Menschen binationaler Herkunft können den deutschen Pass haben und in Deutschland aufgewachsen sein. 

D
Diskriminierung

Diskriminierung ist die ungleiche, benachteiligende und ausgrenzende Behandlung von Gruppen und Individuen ohne sachlich gerechtfertigten Grund. Diskriminierung kann sich zeigen als Kontaktvermeidung, Benachteiligung beim Zugang zu Gütern und Positionen, als Boykottierung oder als persönliche Herabsetzung. Der Begriff bezeichnet sowohl den Vorgang als auch das Ergebnis. Die Durchsetzung von Diskriminierung setzt in der Regel soziale, wirtschaftliche, politische oder publizistische Macht voraus.

E
Eigengruppe

In der Sozialpsychologie bezeichnet der Begriff der Eigengruppe (ingroup) eine Gruppe, der eine Person angehört oder anzugehören glaubt. Entsprechend bezieht sich der Begriff der Fremdgruppe (outgroup) auf eine Gruppe, zu der eine Person nicht gehört oder nicht zu gehören glaubt. Die Entwicklung von Vorurteilen und Diskriminierungsprozessen gehen in der Regel mit einer Aufwertung der Eigengruppe und einer Abwertung der Fremdgruppe einher.

Einstellung

In der Umgangssprache bezieht sich der Begriff auf die persönliche Meinung eines Menschen. In der Sozialpsychologie bezeichnet er eine relativ stabile psychische Tendenz, auf bestimmte Personen und Gruppen mit bestimmten Vorstellungen, Meinungen und Gefühlen zu reagieren. In Einstellungen kommt eine überdauernde positive oder negative Bewertung gegenüber Menschen zum Ausdruck.

Empowerment

Der Begriff wurde von der US-amerikanischen Bürgerrechts- und Selbsthilfebewegung geprägt und steht für Selbst-Ermächtigung oder Selbst-Befähigung. Gemeint ist damit ein Prozess, in dem benachteiligte Menschen ihre eigenen Kräfte entwickeln und Fähigkeiten nutzen, um ihre Lebensumstände und Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern - unabhängig vom Wohlwollen der Mehrheitsangehörigen.

Essentialisierung

Mit Essentialisierung ist die (Über-)Betonung von physiognomischen Merkmalen (z.B. Hautfarbe, körperliche Behinderung), Geschlechtszugehörigkeit und religiösen oder sexuellen Orientierungen gemeint. Essentialisierungen gehen mit einer Reduzierung der jeweiligen Person auf dieses eine Merkmal einher, blenden also andere Identitätsmerkmale der Person aus. Sie können von Seiten einer Einzelperson oder Gruppe als Fremdzuschreibungen fungieren. Dann gehen sie häufig mit Ausschließungspraxen einher. Sie können aber auch als Selbstzuschreibung in Erscheinung treten, d.h. die jeweilige Person definiert sich selbst über dieses Merkmal. Auch in der Essentialisierung eigener Merkmale liegt die Gefahr, die bestehenden Vorurteile und Diskriminierungen zu aktualisieren, da die Betonung des jeweiligen Merkmals die gesellschaftliche Dichotomisierung in »Wir« und »Ihr« bestätigt.

Ethnie

Eine ethnische Gruppe ist gekennzeichnet durch Vorstellungen einer kollektiven Identität. Diese tatsächlichen oder vermeintlichen Gemeinsamkeiten und Verbindungen können sich auf unterschiedliche Aspekte beziehen: z. B. Sprache (wir gehören zusammen, weil wir die gleiche Sprache sprechen), Geschichte (gemeinsame Vergangenheit), Religion (gemeinsamer Glaube), Kultur (geteilte Normen, Werte, Rituale). Von Bedeutung sind auch Vorstellungen von einer gemeinsamen Herkunft. Dabei ist es nicht entscheidend ob eine Abstammungsgemeinschaft real vorliegt oder nicht: Die Bezeichnung »Ethnie« wird vor allem über die Selbstzuschreibung der jeweiligen Gruppe definiert. Als Fremdzuschreibung können ethnische Merkmale allerdings auch der Legitimierung von Ausgrenzung und Diskriminierung dienen.

Ethnisierung

Werden Unterschiede zwischen Gruppen von Menschen auf ethnische Unterschiede reduziert, wird häufig von Ethnisierung gesprochen. Selbstethnisierung ist die Selbstbeschreibung auf Grundlage ethnischer Kategorien und kann der Durchsetzung eigener Interessen oder einer Identitätspolitik dienen. Fremdethnisierung ist ein sozialer Ausschließungsprozess, der Minderheiten schafft, diese negativ bewertet und die Privilegien der Mehrheit sichert.

Ethnizität

Ethnizität ist die Überzeugung von Menschen, einer bestimmten Ethnie anzugehören oder andere Ethnien als separat zu empfinden. Der britische Soziologe Stuart Hall betont in seiner Definition, dass Ethnizität keine feststehende Eigenschaft ist, sondern als dynamisch und kontextabhängig zu betrachten ist: »Es ist eher eine Überzeugung, eine Vorstellung, eine Bewusstseinsform, die weder natürlich noch ewig ist, sondern zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die Umstände hervorgebracht wird. Es ist ein Halt, der dem Individuum das Gefühl gibt, irgendwo in der Welt einen Platz und eine Position zu haben (…) Ethnizität erinnert uns daran, dass jede/r ›irgendwo‹ herkommt - ob real oder eingebildet - und dass jede/r das Bedürfnis hat, sich mit etwas zu identifizieren und bei was auch immer zugehörig zu fühlen.«

Ethnopluralismus

Mit dem Begriff Ethnopluralismus betont die extreme Rechte grundlegende und unveränderliche Unterschiede zwischen «Ethnien« bzw. »Völkern«, die vor »fremden« Einflüssen zu schützen seien. Um die »eigene Identität« zu bewahren, müssten sich »Ethnien« bzw. »Völker« strikt voneinander abgrenzen und auf innere Homogenität achten. Auf Grundlage dieses Postulats lehnen Rechtsextreme Zuwanderung und Integration von Migranten und Migrantinnen ab. Mit der Behauptung »natürlicher Unterschiede« werden zudem Ausgrenzungspraxen und die Ablehnung gleicher Rechte gerechtfertigt. Kritiker haben den Ethnopluralismus deshalb als „Rassismus ohne Rassen“ bezeichnet. Ohne auf NS-Begrifflichkeiten wie »Rasse« oder »Lebensraum« zurückzugreifen, wird Rassismus mit Konstrukten wie »Ethnie« oder »angestammtes Territorium der Völker« neu und weniger offensichtlich bzw. angreifbar propagiert.

Ethnozentrismus

Der von dem US-amerikanischen Soziologen W. G. Sumner geprägte Begriff betont allgemein einen auf die Eigengruppe bezogenen Egozentrismus. Im engeren Verständnis bedeutet Ethnozentrismus die Beurteilung anderer Gruppen, Ethnien und Kulturen aus der Sicht der eigenen Gruppe und der mit ihr verbundenen Wertmaßstäbe. Dabei kann es durch Auswahl und Hervorhebung bestimmter Informationen sowie Leugnung oder Ausblendung anderer Informationen zu einer Überhöhung der Eigengruppe kommen. Im Extremfall handelt es sich um eine Deutung der Welt, in der die eigene Gruppe das Zentrum aller guten Dinge ist und alle anderen als negativ bewertet werden.

F
Freie Kameradschaften

Als freie Kameradschaft bezeichnen sich lokal und regional aktive Neonazi-Gruppen, die keine gesetzlich definierte Organisationsform (z. B. Partei oder eingetragener Verein) haben. Diese formal organisationsfreie Struktur war eine Reaktion auf die vielen Vereinsverbote in der ersten Hälfte der 1990er Jahre. Andere identitätsstiftende Selbstbezeichnungen sind »Freie Nationalisten« oder »Nationaler Widerstand«. Die Szene in NRW ist heterogen: Es gibt enge Verbindungen zur NPD, aber auch starke Abgrenzungen. Teilweise bestehen Überschneidungen zu den Autonomen Nationalisten. Aufgrund der unterschiedlichen Ausrichtungen hatten Versuche, die Gruppen in NRW stärker zu bündeln, bislang keinen dauerhaften Erfolg.

Fremde

Die Unterscheidung von Eigenem und Fremdem ist ein grundlegendes Deutungsmuster. Dabei ist aber nicht festgelegt, welche Personen oder Gruppen jeweils als »fremd« oder »anders« wahrgenommen werden. Vorstellungen über den oder die Fremden sind soziale Konstruktionen, in denen »den Anderen« Eigenschaften zugeschrieben werden, die sich von der Eigengruppe unterscheiden. Werden der Fremdgruppe negative Eigenschaften zugewiesen, wird sie als bedrohlich und/oder minderwertig dargestellt, wird häufig von Fremdenfeindlichkeit gesprochen. Der Begriff ist problematisch, weil er nicht verdeutlicht, warum welche Gruppe als fremd wahrgenommen, negativ bewertet und ausgegrenzt wird. Er erzeugt beliebige »Wir« und »Ihr« Kategorien und öffnet damit den verschiedensten Diskriminierungen Tür und Tor.

Fremdgruppe

In der Sozialpsychologie bezeichnet der Begriff der Eigengruppe (ingroup) eine Gruppe, der eine Person angehört oder anzugehören glaubt. Entsprechend bezieht sich der Begriff der Fremdgruppe (outgroup) auf eine Gruppe, zu der eine Person nicht gehört oder nicht zu gehören glaubt. Die Entwicklung von Vorurteilen und Diskriminierungsprozessen gehen in der Regel mit einer Aufwertung der Eigengruppe und einer Abwertung der Fremdgruppe einher.

G
Gender

Der aus dem Englischen stammende Begriff steht für soziales Geschlecht. Im Gegensatz zum biologischen Geschlecht (engl.: sex) sind mit sozialem Geschlecht die gesellschaftlich, sozial und kulturell konstituierten Geschlechterrollen von Frauen und Männern, die gesellschaftlich dominanten Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit gemeint. Betont wird damit, dass Vorstellungen über »typisch weibliche« oder »typisch männliche« Aufgaben und Rollen nicht naturgegeben sind, sondern auf kulturellen Traditionen und gesellschaftlichen Konventionen beruhen.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Das Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) liegt einem zehnjährigen Forschungsprojekt des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld zugrunde. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie Menschen mit unterschiedlicher sozialer, religiöser und ethnischer Herkunft sowie mit verschiedenen Lebensstilen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen werden und mit feindseligen Mentalitäten konfrontiert sind. Gemeinsames Merkmal der untersuchten sieben Facetten offener oder verdeckter Menschenfeindlichkeit ist die gesellschaftliche Konstruktion von Ungleichwertigkeit.

H
Hasskriminalität

Als Hasskriminalität (engl. Hate crimes) werden Straftaten bezeichnet, die sich gegen eine Person wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Gruppenzugehörigkeit richten: Dabei kann es sich um die nationale oder ethnische Herkunft, Religion, Weltanschauung, sexuelle Identität, eine Behinderung oder den gesellschaftlichen Status handeln. Unter den Begriff fallen rassistisch, antisemitisch oder islamfeindlich motivierte Straftaten ebenso wie Angriffe auf alternative Jugendliche, gegen Nazis engagierte Personen, Schwule und Lesben oder Wohnungslose. Das Konzept der Hate Crimes wurde im Rahmen der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen entwickelt und ist nicht unumstritten. Die Kritik am Konzept betont, dass nicht Hass als emotionales und individuelles Problem, sondern tief in der Gesellschaft verankerte rassistische Strukturen und Ausgrenzungsmechanismen das handlungsleitende Motiv darstellen.

Heterophobie

Unter Heterophobie wird die aggressive Ablehnung des/der Anderen unter Berufung auf nicht-biologische Unterschiede (z.B. psychologischer, kultureller oder sozialer Art) verstanden. Der Begriff erfasst Abwertung und Abwehr von Gruppenangehörigen, die von der dominanten Norm abweichende Verhaltensweisen und Lebensstile aufweisen. Zu den davon betroffenen Gruppen zählen z. B. Obdachlose, Homosexuelle oder Behinderte.

Homophobie

Der Begriff Homophobie (oder auch: Heterosexismus) beschreibt negative Gefühle oder Feindseligkeit gegenüber Homosexualität, die oft zur Ablehnung oder Diskriminierung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen führen. Dabei handelt es sich aber nicht um eine klassische Phobie, deren Quelle Angst ist. Negative Einstellungen gegenüber Homosexuellen beruhen zumeist auf tradierten konservativen Vorstellungen von Geschlechterrollen, die durch die Präsenz von Homosexuellen in Frage gestellt werden. Ein anderer Grund für Homophobie bzw. Heterosexismus kann die Verdrängung homosexueller Anteile der eigenen Sexualität sein.

Hybride Identität

Der Begriff bezeichnet Identitäten, deren Elemente aus verschiedenen kulturellen Kontexten stammen. Mit Blick auf Migrantinnen und Migranten wird betont, dass es sich nicht um Übergangsphänomene, sondern um eine eigene soziale Wirklichkeit handelt. Dabei werden verschiedene kulturelle Phänomene miteinander vermischt, sodass nicht mehr von einer »deutschen«, »türkischen« oder »russischen« Kultur gesprochen werden kann, sondern von einer »migrantischen« Kultur, die sich in hybriden Arbeitsformen, Freizeitaktivitäten etc. widerspiegelt.

I
Identität

In der Psychologie beinhaltet das Bewusstsein der eigenen Identität, dass man sich - in Abgrenzung zu Anderen - als Individuum erlebt. Die Entwicklung von Identität ist ein lebenslang anhaltender Prozess der Definition und Neudefinition der eigenen Person und der Anderen. Dabei handelt es sich nicht um etwas Ungebrochenes, Kontinuierliches und in sich Stimmiges, wie Annita Kalpaka und Nora Räthzel zutreffend feststellen: »(...) das Individuum kann man sich als einen Schnittpunkt von verschiedenen Identitäten vorstellen: Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Religion, Geschlecht, Klasse usw. sind identitätskonstituierende Merkmale. Welches jeweils die Oberhand gewinnt, hängt u. a. auch von den aktuellen Lebensbedingungen und den zu bewältigenden Problemen ab.«

Interkulturelles Lernen

Interkulturelles Lernen meint die Kompetenzerweiterung im interkulturellen Feld, d. h. die Befähigung zum Umgang mit Heterogenität. Ähnlich wie die interkulturelle Kompetenz wird auch das interkulturelle Lernen als ein Angebot der Fort- und Weiterbildung meistens auf ethnisch-kulturelle Aspekte beschränkt, interkulturelles Lernen soll also den Umgang mit nationalen und/oder ethnischen Differenzen erleichtern. Allzu häufig stehen dabei nach wie vor Informationen über die Kultur der Herkunftsländer von in der Bundesrepublik lebenden Migrantinnen und Migranten im Vordergrund, wodurch ethnisierende Zuschreibungen über die jeweilige Kultur forciert werden. Nur ein interkulturelles Lernen, das auch Migrationsursachen, Diskriminierungserfahrungen der Migrantinnen und Migranten, Lebensrealitäten von Eingewanderten etc. fokussiert, wird auch deren Pluralität in der Einwanderungsgesellschaft gerecht.

Islamophobie

Der vor einigen Jahren aus dem englischen und französischen Sprachraum ins Deutsche übertragene Begriff wird als Synonym für Islamfeindlichkeit verwendet oder - in Anlehnung an den Begriff der Xenophobie - als gegen Muslime oder den Islam gerichtete Fremdenangst definiert. Er verweist vor allem auf tief sitzende Ängste, negative Einstellungen und emotional begründete Abwehr und Feindseligkeit.

K
Kultur

Kultur ist ein mehrdeutiger Begriff, der sich um die Gesamtheit der materiellen und immateriellen Ergebnisse menschlicher Innovation dreht. Der enge Kulturbegriff bezieht sich auf Kunst und Geisteskultur, der weite auf die Lebenswelt des Menschen. Im Gegensatz zu klassischen Definitionen einer weitgehend homogenen, statischen und in sich geschlossenen Kultur wird heute hervorgehoben, dass Kultur einem ständigen Veränderungsprozess unterliegt, in sich heterogen ist und nicht unbedingt an ein bestimmtes Territorium gebunden ist. Menschen werden zudem als mehreren Kulturen zugehörig betrachtet (z. B. Nationalität, Organisation, Religion, Generation, Familie). In diesem Sinne wird unter Kultur diejenige Lebenswelt verstanden, die eine Person als »eigene« definiert, weil sie Normalität und Plausibilität bietet und soziales Routinehandeln ermöglicht.

M
Migration

Der Begriff bedeutet »Wanderung« und bezeichnet einen auf Dauer angelegten Wohnortwechsel von Personen. Dabei wird zwischen Wanderungsbewegungen innerhalb eines Staatsgebietes (Binnenmigration) und Staatsgrenzen überschreitende Wanderungsbewegungen (internationale Migration) unterschieden. Freiwillige Formen sind z. B. die Arbeitsmigration und Familienmigration. Unfreiwillige Formen sind Flucht, Vertreibung und Sklaverei. Wanderungsbewegungen sind kein besonderes Phänomen der Moderne, sondern haben die Geschichte und die Entwicklung der Menschheit von Anfang an mitgeprägt.

Minderheit

Während im allgemeinen Sprachgebrauch mit dem Begriff häufig nur das quantitative Verhältnis von Mehrheit und Minderheit erfasst wird, betont der sozialwissenschaftliche Minderheitenbegriff, dass die Minderheitengruppe »anders« insofern ist, als sie sich von den vorherrschenden Normalitätsentwürfen der Gesellschaft unterscheidet. Ein Beispiel ist die Vorstellung, Männer oder das wie auch immer geartete Männliche seien die Norm, Frauen seien eine Abweichung von dieser Norm. Welche Kriterien bei der Festlegung der gesellschaftlichen Norm eine Rolle spielen, ist eine Frage der gesellschaftlichen Macht und das Ergebnis einer sozialen Setzung (einer gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit).

Muslim

Die Begriffe Muslim oder Moslem bezeichnen männliche Personen, die dem Islam angehören. Weibliche Angehörige werden als Muslima bezeichnet. Dabei sagen die Bezeichnungen noch nichts über die Richtung des Islam (u. a. Aleviten, Schiiten, Sunniten) oder den Grad der Religiosität aus. Die Studie »Muslimisches Leben in Deutschland« des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ergab 2009, dass zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Muslime aus rund 50 verschiedenen Herkunftsländern in Deutschland leben. Die repräsentative Studie belegt anhand verschiedener Aspekte (z. B. Staatsangehörigkeit, Religiosität und religiöse Alltagspraxis, Integration und Schulbildung, Alltagskontakte) die Vielschichtigkeit des muslimischen Lebens in Deutschland.

N
Nationalsozialismus

Der Begriff »Nationalsozialismus« (NS) bezeichnet die Ideologie der »Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei« (NSDAP) und die totalitäre Diktatur unter Adolf Hitler von 1933 bis zur 1945. Wesentliche Elemente der NS-Ideologie sind Antiliberalismus, Antiparlamentarismus, Führerkult, Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Antikommunismus, Imperialismus und Militarismus. Unter Führung Adolf Hitlers errichteten die Nationalsozialisten ab 1933 den sog. »Führerstaat« bzw. das sog. »Dritte Reich«. Sie begannen 1939 Eroberungskriege, die den Zweiten Weltkrieg auslösten, und verübten die Verbrechen des Holocaust, denen rund 6 Millionen europäische Juden zum Opfer fielen.

Neonazismus

Der Begriff ist eine Abkürzung für Neo- oder neuer Nationalsozialismus und bezeichnet einen Teilbereich des Rechtsextremismus bzw. der Extremen Rechten: Neonazis beziehen sich offen auf den Nationalsozialismus der NSDAP bzw. Adolf Hitlers und verharmlosen bzw. verherrlichen ihn. Die inhaltliche Bezugnahme auf die NS-Ideologie ist innerhalb des neonazistischen Spektrums unterschiedlich ausgeprägt. In der Regel befürworten Neonazis nationalsozialistische Vorstellungen von einem totalitären »Führerstaat« auf rassistischer Grundlage.

Neue Rechte

Als Neue Rechte bezeichneten sich ab den 1960er Jahren Rechtsextreme, die sich von der am Nationalsozialismus orientierten »Alten Rechten« absetzen wollten und eine Modernisierung rechtsextremer Ideologie und Strategien anstrebten. Die heute heterogene und informelle Strömung versteht sich als Avantgarde innerhalb des rechtsextremen Spektrums, nach außen hat sie eine Brückenfunktion in die gesellschaftliche Mitte. Vertreter der Neuen Rechte greifen ideologisch auf autoritäre und elitäre Denkschulen der »Konservativen Revolution« in der Weimarer Republik zurück und versuchen, über Elitendiskurse gesellschaftliche Diskurse zu prägen und Begriffe neu zu besetzen. Die Neue Rechte propagiert Ethnopluralismus, eine homogene Gesellschaft und den autoritären, von einer kleinen Elite geführten Staat. Sie richtet sich gegen die Ideen der Aufklärung und inszeniert sich als Tabubrecher gegen einen angeblich »linken Meinungsterror«. Zum Netzwerk gehören Einzelpersonen, informelle Diskussionsrunden, Schulungszentren, Institute (z.B. Institut für Staatspolitik) sowie Zeitschriften und Verlage (z.B. Junge Freiheit).

O
Othering

Basierend auf »Wir«- »Ihr« -Konstruktionen wird das »Ihr« zum/zur vermeintlich gänzlich Anderen, der/die im Gegensatz zum »Wir« als weniger emanzipiert, aufgeklärt, tolerant, demokratisch, gebildet etc. gedacht wird. Es werden elementare Differenzen konstruiert, die negativ bewertet und betont werden. Wenn das Gegenüber durch die ständige Konfrontation mit den Zuschreibungen nach und nach diese unbewusst übernimmt, ist sie oder er tatsächlich zum vermeintlich Anderen geworden, er oder sie hat sich dem Bild vom Anderen angeglichen. Migrantinnen und Migranten beispielsweise, die ihre bilingualen Kompetenzen gering schätzen und ihr Augenmerk auf die Defizite im Deutschen legen, bestätigen unbewusst den Prozess des othering.

R
Rasse

Der Begriff ist bezogen auf Menschen wissenschaftlich unhaltbar und obsolet. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg für die Existenz unterschiedlicher menschlicher »Rassen«. Studien haben vielmehr belegt, dass die genetischen Unterschiede innerhalb einer sog. »Rasse« größer sind als die, die zwischen zwei sog. »Rassen« bestehen. Gleichwohl taucht der problematische Begriff auch in Gesetzestexten auf, z. B. wenn im Grundgesetz formuliert wird, dass niemand »wegen seiner Rasse« benachteiligt werden darf. Im Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz wurde stattdessen die Formulierung »aufgrund der Rasse« gewählt, um zu verdeutlichen, dass nicht das Gesetz von der Existenz verschiedener menschlicher »Rassen« ausgeht, sondern »dass derjenige, der sich rassistisch verhält, eben dies annimmt«. Richtigerweise sollte auch in Gesetzestexten von »zugeschriebener Rasse« oder »Diskriminierung aus rassistischen Gründen« gesprochen werden. »Rasse« ist ein Produkt des Rassismus und nicht umgekehrt.

Rassismus

Rassismus ist der Prozess, in dem Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher körperlicher oder kultureller Merkmale (z. B. Hautfarbe, Herkunft, Sprache, Religion) als homogene Gruppen konstruiert, negativ bewertet und ausgegrenzt werden. Der klassische Rassismus behauptet eine Ungleichheit und Ungleichwertigkeit von Menschengruppen auf Grundlage angeblicher biologischer Unterschiede. Im Kulturrassismus wird die Ungleichheit und Ungleichwertigkeit mit angeblichen Unterschieden zwischen den »Kulturen« zu begründen versucht. Rassismus ist die Summe aller Verhaltensweisen, Gesetze, Bestimmungen und Anschauungen, die den Prozess der Hierarchisierung und Ausgrenzung unterstützen und beruht auf ungleichen Machverhältnissen.

RechtsRock

RechtsRock ist ein Sammelbegriff für das Wirken rechtsextremer Bands in verschiedenen Musikbereichen und umfasst sämtliche Musikstile, die zur Verbreitung rechtsextremer Ideologie instrumentalisiert werden. Im englischsprachigen Raum sind »White Power Music«, »White Noise« oder »Rock Against Communism« (RAC) die gängigen Bezeichnungen. Den einen musikalischen Stil »RechtsRock« gibt es nicht: RechtsRock hat seinen Ursprung in der rechtsextremen Skinhead-Szene, mittlerweile werden rechtsextreme Inhalte aber auch über Musikrichtungen wie Schlager, Volksmusik, Heavy Metal, Black Metal, Gabber, HipHop, Hardcore, Rock oder Dark Wave transportiert.

Repräsentationsverhältnisse

Repräsentationsverhältnisse spiegeln die Positionierung und Darstellungsweise z. B. von Frauen, Migranten, behinderten Menschen in der Gesellschaft wider. Sie verdeutlichen, wer über wen und in welcher Weise im öffentlichen Diskurs spricht und sie sind ein Indiz für gesellschaftliche Machtgefüge. Mehrheitsangehörige meinen, die Bedürfnisse und Interessen der jeweils betroffenen Anderen angemessen formulieren und vertreten zu können, übersehen dabei allerdings oft, dass sie von der Lebenswelt des/der Anderen zu wenig verstehen, und dass eigene Interesse in die Vertretungsweise hinein spielen (können). Noch zu selten kommen die Betroffenen selbst zu Wort, um ihre Standpunkte und Interessen zu vertreten. Insofern können Repräsentationsverhältnisse als ein Indiz für Partizipationschancen von Minderheiten interpretiert werden: Um so mehr die jeweils betroffene Gruppe für sich selbst zu sprechen in der Lage ist und auch vernommen wird, desto besser ist es um ihre Partizipation bestellt. Allerdings können auch Selbstrepräsentationen mit konstruierten Zuschreibungen und Reduzierung komplexer Lebenswelten einhergehen.

Revisionismus

Der Begriff bezeichnet Versuche, eine allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnis in Frage zu stellen, neu zu bewerten oder umzudeuten. Als »Revisionisten« bezeichnen sich vor allem Rechtsextreme, die eine Umdeutung des Geschichtsbildes – insbesondere der Geschichte des Nationalsozialismus – anstreben. Sie versuchen, die deutsche Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zu verkleinern oder die Verbrechen des NS-Regimes zu verharmlosen. Mit der sog. »Auschwitzlüge« wurde unterstellt, dass es den NS-Völkermord an den europäischen Juden nicht gegeben habe. Revisionisten bedienen sich pseudowissenschaftlicher Argumente und berufen sich – wenn überhaupt – auf wenige Quellen, die wissenschaftlichen Kriterien nicht standhalten. Sie verfälschen Befunde, führen Zitate an, die aus dem Zusammenhang gelöst sind und blenden die zahlreichen Dokumente aus, die ihren kruden Thesen entgegenstehen. Wer heute öffentlich den Holocaust leugnet, muss in Deutschland mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung rechnen.

S
Selektive Wahrnehmung

Zahlreiche psychologische und soziologische Studien verdeutlichen die begrenzte Fähigkeit des Menschen, die alltägliche Fülle von Informationen in einer hoch komplexen Welt zu verarbeiten. Unsere Wahrnehmung wird beeinflusst von Vorwissen, Erwartungen, situativen Bedingungen u.v.a.m. Getrübt wird eine realitätsadäquate Informationsaufnahme und -verarbeitung zudem durch Mechanismen der selektiven Wahrnehmung: Informationen, die nicht mit den bestehenden Überzeugungen vereinbar sind, werden nicht zur Kenntnis genommen oder uminterpretiert. Neue Informationen werden nur im Rahmen der bereits bestehenden Überzeugungen gedeutet und behalten wird nur das, was in das vorgeprägte (Welt-)Bild passt: Wie jemand die Welt wahrnimmt, sagt deshalb mindestens so viel über die Person aus wie über die Welt.

Sexismus

Unter Sexismus wird jede Art der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts sowie die diesen Erscheinungen zugrunde liegende Ideologie verstanden. Sexismus findet sich in Vorurteilen und Weltanschauungen, in sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Regelungen, in Form faktischer Gewalttätigkeit (Vergewaltigung, Frauenhandel, sexuelle Belästigung, herabwürdigende Behandlung und Sprache) und in der Rechtfertigung solcher Gewaltstrukturen durch den Verweis auf eine »naturgegebene« Geschlechterdifferenz. Der Problematisierung und wissenschaftlichen Aufarbeitung hat sich insbesondere die Frauenbewegung und -forschung mit Blick auf Frauen benachteiligende Stereotype und Strukturen gewidmet. Die Kritik von Sexismus bezieht sich heute auch auf sozial definierte Geschlechtsrollen und Geschlechterverhältnisse (gender).

Sinti und Roma

Sinti und Roma ist die Selbstbezeichnung einer rund 100.000 Mitglieder umfassenden Minderheit in Deutschland, die neben einigen anderen kleineren Gruppen als sog. nationale Minderheit anerkannt ist. Die stigmatisierende Fremdbezeichnung als »Zigeuner« wird vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt. Dabei verweist »Sinti« auf die in Mitteleuropa seit dem Spätmittelalter beheimateten Angehörigen der Minderheit, »Roma« auf diejenigen südosteuropäischer Herkunft. Außerhalb des deutschen Sprachkreises wird Roma - oder einfach Rom - auch als Sammelname für die gesamte Minderheit verwendet.

Stereotyp

Der Begriff wurde 1922 von Walter Lippmann für »vorgefasste Meinungen über soziale Gruppen« in die Sozialwissenschaft eingeführt. In der Psychologie bezeichnen Stereotype den kognitiven Aspekt von Vorurteilen. Stereotype sind Kategorisierungen oder Eigenschaftszuschreibungen, mit denen alltägliche Informationen über Menschen oder Sachverhalte wahrgenommen und im Gedächtnis gespeichert werden. Sie reduzieren Komplexität und vereinfachen die Realität, bieten aber auch Orientierung in einer von unüberschaubar vielen Informationen gekennzeichneten Welt. In der Gesellschaft weitgehend bekannte Stereotype zu kennen, bedeutet nicht notwendigerweise, dass ihnen auch zugestimmt wird.

Stigmatisieren

Der aus dem Griechischen stammende Begriff steht für »Mal, entehrendes Kennzeichen«. Stigmatisieren bedeutet, eine Person oder eine Gruppe in diskriminierender Weise zu kennzeichnen, in dem ihr bestimmte, von der Gesellschaft als negativ bewertete Merkmale zugeschrieben werden. Dabei kann sich die diskriminierende Kennzeichnung auf sichtbare Merkmale (z. B. Hautfarbe, Geschlecht) oder unsichtbare Merkmale (z. B. Religion, Sexualität) beziehen. 

V
Viktimisierung

Viktimisierung bezeichnet den sozialen Prozess der Opferwerdung, bei dem drei Stufen unterschieden werden: Primäre Viktimisierung bezieht sich auf die unmittelbare Schädigung, die psychischen und physischen Folgen, den Zeitpunkt und die Umstände der Tat. Sekundäre Viktimisierung bezeichnet eine zweite Opferwerdung, bei der Betroffene durch unangemessene Reaktionen des sozialen Nahraums (Verwandte, Freund_innen, Bekannte etc.) oder Instanzen sozialer Kontrolle (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte) erneut verletzt werden. Hierbei kann es sich z. B. um ausbleibende Unterstützung und Verständnis, eine Bagatellisierung der Tat, mangelndes Einfühlungsvermögen, Witze, Mitschuldvorwürfe oder gar eine Täter-Opfer-Umkehr handeln. Als tertiäre Viktimisierung wird eine unbewältigte Erst- und Zweitviktimisierung bezeichnet, bei der die Betroffenen auf Dauer eine Opferrolle internalisieren. Eine solche dauerhafte Selbstdefinition als Opfer kann die Sicht- und Erlebnisweisen sowie Handlungsmöglichkeiten erheblich einschränken und sich in ständiger Furcht vor erneuter Gewalt und mangelndem Vertrauen gegenüber Menschen und den Schutzmöglichkeiten gesellschaftlicher Institutionen ausdrücken.

Vorurteil

Vorurteile sind negative oder ablehnende Einstellungen einem Menschen oder einer Menschengruppe gegenüber. Anderen werden dabei infolge stereotyper Vorstellungen bestimmte und zumeist negative Eigenschaften zugeschrieben, die sich aufgrund von Starrheit und gefühlsmäßiger Aufladung selbst bei widersprechender Erfahrung nur schwer korrigieren lassen. Viele Vorurteile gegenüber Minderheiten (z. B. Juden, Schwarze, Sinti und Roma) sind historisch tradiert und werden in den Medien, in Schulbüchern und in der Alltagssprache reproduziert.

X
Xenophobie

Der aus dem Griechischen stammende Begriff (xenos = fremd, phobos = Furcht) bedeutet wörtlich übersetzt Furcht vor Fremden oder Fremdenangst. Im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch wird er auch als Fremdenfeindlichkeit wiedergegeben. Problematisch wird es, wenn in Anlehnung an den Begriff suggeriert wird, Furcht oder eine feindliche Haltung gegenüber Fremden sei eine quasi-natürliche, angeborene menschliche Abwehrreaktion. Eine derartige Naturalisierung des Sozialen, die das Verhaltensrepertoire auf menschliche Triebe und politische Prozesse auf das Ausagieren biologischer Gesetzmäßigkeiten reduziert, ist abzulehnen.

Z
Zivilcourage

Zivilcourage bezeichnet ein meist räumlich und zeitlich begrenztes unmittelbares Eingreifen einer Person für die legitimen Ansprüche und die Unversehrtheit eines Menschen. In Situationen, die durch ein Machtungleichgewicht gekennzeichnet ist, zeigen Menschen Zivilcourage, die sich für die benachteiligte Seite einsetzen. Dieses Eingreifen geschieht zunächst ohne Rücksicht auf mögliche eigene Nachteile oder Gefährdungen. Der Begriff stammt etymologisch von den Worten »civis« (lat. Bürger) und »courage« (frz. Mut) ab und wird deshalb auch als »Mut der Bürger« übersetzt. Es gibt spezielle Trainings zur Einübung von Zivilcourage - umstritten ist allerdings, inwieweit Zivilcourage tatsächlich trainierbar ist.

Aktuell bei IDA-NRW

Aktuell liegen keine Veranstaltungen vor. Abgelaufene Veranstaltungen finden Sie im Archiv.

Re_Struct veröffentlicht rassismuskritische Bildungsmaterialien zum Solinger Brandanschlag

mehr

Düsseldorf, 24. Februar 2022

Neue Broschüre des projekt.kollektiv (IDA-NRW) zu rassismuskritischer Jugend(bildungs-)arbeit im Kontext Flucht und Migration erschienen.

mehr