Rassifizierung – auch bezeichnet als Rassialisierung oder Rassisierung – bezieht sich auf die Wissensebene von Rassismus. Rassifizierung beschreibt sowohl einen Prozess, in dem rassistisches Wissen erzeugt wird, als auch die Struktur dieses rassistischen Wissens. Im Einzelnen umfassen Prozess und Struktur die Kategorisierung, Stereotypisierung und implizite Hierarchisierung von Menschen. Dabei werden historisch variablen wahrnehmbaren und nicht wahrnehmbaren körperlichen (z. B. Hautfarbe, Schädelform), soziologischen (z. B. Kleidung), symbolischen und geistigen (z. B. Einstellungen und Lebensauffassungen) sowie imaginären Merkmalen (z. B. okkulte Fähigkeiten) Bedeutungen zugewiesen. Dies geschieht, indem erstens mit Hilfe dieser Merkmale gesellschaftliche Gruppen definiert – also kategorisiert – werden. Aufgrund der ausgewählten Merkmale erscheinen die konstruierten Gruppen als naturgegebene Einheiten, die sich biologisch reproduzieren. In einem zweiten Schritt der Bedeutungszuweisung wird das Wesen der konstruierten Fremdgruppe(n) bestimmt und werden ihnen stereotype Eigenschaften zugeschrieben (Stereotypisierung) – auch diese können wieder der Kategorisierung dienen. Durch die Stereotypisierung wird spiegelbildlich das Wesen der konstruierten Eigengruppe festgeschrieben.
Rassismus und Rassifizierung lassen sich nicht voneinander trennen. Denn im Prozess der Rassifizierung ist die hierarchisierende Bewertung der konstruierten Gruppen implizit enthalten – und zwar sowohl in den Merkmalen, mit deren Hilfe die Gruppen unterschieden werden, als auch in den Eigenschaften, die den Gruppen zugeschrieben werden. Denn in der Wahl der Merkmale und der Maßstäbe, nach denen die Gruppen verglichen werden (z. B. nach Schönheitsidealen oder nach dem erreichten Stand kapitalistischer „Entwicklung“), liegt bereits ein Akt der Macht. In ihm verbergen sich Herrschaftsinteressen. Denn das erzeugte Wissen rechtfertigt rassistische Handlungen und verarbeitet sie gleichzeitig gleichsam „theoretisch“.
Siehe auch Biologisierung, Dominanz, Essentialisierung, Kulturalisierung und Naturalisierung