Glossar

Im Glossar werden Begriffe aus den Themenfeldern Rassismus, Antisemitismus, Rassismuskritik, Rechtsextremismus und allgemeinen Diskriminierungsformen erklärt. Falls Ihnen ein Änderungsbedarf auffällt, Sie eine Erweiterung oder Ergänzung haben, wenden Sie sich gerne über Kontakt an uns.
Das Glossar wurde teilweise von IDA-NRW und IDA e.V. erstellt.

Hate Speech

Hate Speech (dt.: Hasssprache) meint abwertende Äußerungen, die sich gezielt gegen bestimmte Personen oder Personengruppen richten. In menschenfeindlichen (z. B. heterosexistischen, rassistischen, antisemitischen) Äußerungen, werden Menschen beleidigt oder bedroht. Dieser Hass kann sich unter anderem in Rede- und Schriftbeiträgen, besonders in den sozialen Medien, widerspiegeln.

Heimat

Ein Synonym für Heimat ist Zuhause. Wo sich das Zuhause, die Heimat befindet und was sie ausmacht, ist sehr individuell und kann für jeden Menschen etwas anderes bedeuten: Die Freund:innen, die Familie, das Haus oder die Stadt in der mensch lebt. Heimat ist nicht gleichbleibend, sondern ist vieldeutig und kann sich im Laufe des Lebens verändern. In diesem Sinne ist sie etwas sehr Persönliches und hat viel mit Selbstdefinition und individueller Identität zu tun: Niemand kann entscheiden, wo andere Menschen zuhause sind. Hermann Bausinger interpretiert Heimat als Besitz und Recht (bspw. Besitz von Land oder einer Wohnung, das Recht auf Versorgungsansprüche eines Staates). Wenn Heimat aber jemandem gehört, kann dieser Mensch bzw. können diese Menschen auch entscheiden, was mit ihr passiert und wer dazu gehören soll. In diesem Moment bedeutet die Heimat der einen den Ausschluss der anderen.

Siehe auch Nation und Nationalismus

Heteronormativität

Heteronormativität bezeichnet „die für natürlich gehaltene, ausschließliche binäre Geschlechtereinteilung (in Mann und Frau)“, das gegenseitige heterosexuelle Begehren, die beide als gesellschaftliche Norm angesehen werden, und entsprechende binäre Rollenbilder für Männer und Frauen. Die Heteronorm erscheint als „ausschließlich und essentiell, naturgegeben und unveränderbar.“ Menschen, die nicht der Heteronorm entsprechen, erfahren häufig Diskriminierungen (Heterosexismus). Darüber hinaus ist Heteronormativität aufs engste mit Sexismus verwoben.

Siehe auch Gender

Heterosexismus

Heterosexismus bezeichnet die Diskriminierung von Menschen, die nicht in ein heteronormatives Weltbild passen, etwa weil sie homosexuell begehren, inter* oder transgender sind oder nicht den gängigen Geschlechterklischees entsprechen. Dahinter stecken sexistisch geprägte Rollenbilder für Mädchen und Jungen, Männer und Frauen. Sie schreiben Menschen auf „normale“ Verhaltensmuster (z. B. in romantischen Beziehung, beim Sex oder bei der Auswahl von Bekleidung) fest, denken „abweichende“ Bedürfnisse und Praktiken nicht mit und verurteilen sie. Heterosexismus kann sich auf der interaktionalen Ebene durch verbale oder physische Gewalt äußern, aber auch subtilere Formen des Ausschlusses annehmen. Das passiert auf struktureller, gesellschaftlich-kultureller oder institutioneller Ebene, etwa wenn es auf Formularen nur möglich ist, „Mann“ oder „Frau“ anzugeben, im Aufklärungsunterricht ausschließlich von binären Geschlechtsidentitäten und heterosexuellen Beziehungen ausgegangen wird oder die Adoptionsrechte von homosexuellen Paaren eingeschränkt werden.

Siehe auch Gender, Heteronormativität, Homophobie, LSBTI / LSBTIQ, Queer und Queer Studies

Holocaust

Das Wort „Holocaust“ stammt von dem griechischen Wort „holókaustos“ (ὁλόκαυστος), das übersetzt „vollständig verbrannt“ bedeutet. Der Begriff findet in der Bibel Verwendung und bezeichnet dort eine spezielle Art eines für Gott dargebrachten Brandopfers, bei dem das Opfertier im Gegensatz zu anderen Ritualen vollständig zu verbrennen war.

Heute jedoch wird der Begriff vor allem verwendet, wenn von der systematischen Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen während des Nationalsozialismus gesprochen wird. Durch die biblische Herkunft des Wortes eines Gott dargebrachten, rituellen Opfers, wird der Begriff als Bezeichnung für die Ermordung von Millionen von Menschen im Nationalsozialismus auch teilweise kritisch betrachtet. Denn die dem Begriff innewohnende Vorstellung des Genozid an jüdischen Menschen als ein gottgewolltes Opfer wirkt verharmlosend und widerspricht den Tatsachen. Hinzukommt eine Uneinigkeit darüber, ob der Begriff ausschließlich die systematische Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen:Juden beschreibt, oder ob er die Ermordung anderer Bevölkerungsgruppen im Nationalsozialismus, wie Rom:nja und Sinti:zze oder Menschen mit Behinderungen, ebenfalls mit einschließt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die vorkommende Verwendung von „Holocaust“ für andere Verbrechen von Menschen an Menschen, Tieren und Natur. Denn so wird die Einzigartigkeit und Grausamkeit des Verbrechens der Nationalsozialist:innen an den genannten Bevölkerungsgruppen abgeschwächt, was der Verantwortungsabwehr Vorschub leistet (sekundärer Antisemitismus). In Israel und auch außerhalb davon wird seit der Gründung des Staates vermehrt der hebräische Begriff „Shoah“ verwendet. Für den Völkermord an den europäischen Rom:nja und Sinti:zze während des Nationalsozialismus findet auch der Begriff „Porajmos“ Verwendung.

Siehe auch Shoah und Porajmos

Homofeindlichkeit

Der Begriff der Homofeindlichkeit stammt aus der sozialpsychologischen Einstellungsforschung und bezeichnet negative Gefühle oder Feindseligkeiten gegenüber Homosexuellen, die oft zu Ablehnung und Diskriminierung von oder sogar Gewalt an LQBTIQ* führen. Oftmals beruhen diese Emotionen, Einstellungen und Handlungen auf einem heterosexistischen Weltbild. Die Verwendung des Wortes Heterosexismus ist dem Begriff Homofeindlichkeit vorzuziehen, da es den Problembereich zum einen nicht auf Einstellungen beschränkt und zum anderen keine homogene Gruppe der „Homosexuellen“ konstruiert wird, die vor allem als Betroffenengruppe wahrgenommen wird, sondern den Blick auf die Gesamtheit der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft, ihre Privilegien und ihre Vorurteile gelenkt wird und die Funktion dieser Vorurteile für ihre Macht- und Dominanzansprüche deutlich wird.

Siehe Heteronormativität

Homogenisierung

Von Homogenisierung spricht man, wenn Gruppen als einheitlich dargestellt werden und ihnen Heterogenität und damit Individualität abgesprochen wird. Beispielsweise werden Menschen mit Fluchterfahrung oft als homogene Gruppe dargestellt, die anhand eines Merkmals gebildet werden kann. Die Folge ist oftmals, dass andere Geflüchtete für das Verhalten eines*r einzelnen geflüchteten Person verantwortlich gemacht werden Homogenisierung geschieht aber nicht nur auf diese Weise, sondern auch dadurch, dass soziale Gruppen stereotypisiert werden. Das bedeutet, dass ihnen kollektiv einheitliche Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeschrieben werden.

Siehe auch Rassifizierung, Stereotypisierung

Homophobie

Der Begriff beschreibt negative Gefühle oder Feindseligkeit gegenüber Homosexualität, die oft zur Ablehnung oder Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen oder Trans*-Personen führen. Die Begriffe Homofeindlichkeit bzw. Heterosexismus sind dem Ausdruck Homophobie vorzuziehen, da es sich nicht um eine klassische Angststörung handelt, die eine quasi natürliche Reaktion auf Homosexualität darstellt, wie das Wort vermuten lässt. Negative Einstellungen gegenüber Homosexuellen beruhen zumeist auf tradierten Vorstellungen heteronormativer Geschlechterrollen, die durch die Präsenz von homosexuellen Menschen in Frage gestellt werden. Der Begriff beschränkt das Phänomen also auf die individuelle Ebene und lässt den Kontext einer heteronormativen Gesellschaft und Kultur außer Acht.

Siehe auch Gender und Heteronormativität

Hybridität

Hybridität oder hybride Identität bezeichnen Identitäten, deren Elemente aus verschiedenen kulturellen Kontexten stammen. Mit Blick auf migrierte Menschen wird betont, dass es sich nicht um Übergangsphänomene, sondern um eine eigene soziale Wirklichkeit handelt. Dabei werden verschiedene kulturelle Phänomene miteinander vermischt, sodass nicht mehr von einer „deutschen“, „türkischen“ oder „russischen“ Kultur gesprochen werden kann, sondern von einer „migrantischen“ Kultur, die sich in hybriden Arbeitsformen, Freizeitaktivitäten etc. widerspiegelt.

Siehe auch Identität (individuelle) und Migrationsgesellschaft